Spielpläne Oberstufe, Schulbuch

166 Interpretation im Wandel der Zeit Musik wird in klingenden Interpretationen realisiert. Sie sind abhängig von Zeitempfinden und Aufnahmetechnik. Die Beispiele regen Sie an, Ihre Wahrnehmung für Interpretationen zu schärfen und beim Hören von Musik auch historische Bedingungen und Sichtweisen einzu- beziehen. Frédéric Chopin: Impromptu As-Dur, op. 29 (1837) z zugang zur musikpraxis Chopins Impromptus Der Begriff Impromptu kommt von lat. „in promptu esse“ , d. h. bei der Hand sein, bereit sein. Es geht also um eine Komposition mit Stegreifcharakter, oft mit Nähe zur Improvisa- tion. Frédéric Chopin hat in den Jahren 1834−1842 vier Impromptus komponiert, zwischen denen man Verwandtschaften feststellen kann: Alle Impromptus stehen in geraden Taktarten und zeichnen sich durch bewegte, arabeskenhafte Figurationen aus. Es scheint, dass es eine musikalische Idee gibt, die Chopins Impromptus verbindet: Leichtigkeit und das Überwinden der Schwerkraft mit musikalischen Mitteln. Die Motive sind ansteigend, schwere Bässe sind vermieden (Mittelteil op. 29 mit Basstönen auf den leichten Takt- zeiten), Konfliktrhythmen nivellieren die Schwer-Leicht-Metrik. Die Impromptus sind zu Beginn durchweg rasch (Allegro oder Vivace), nur das 3. Impromptu beginnt „Allegretto“. Chopins pianistischer Stil Chopin, der selbst viel unterrichtet hat, hinterließ durch seine Spielweise einen blei- benden, von seinen Schülern oft beschriebenen Eindruck: frei, bis ins Improvisatorische gehend, fantasievoll. Seine Schüler Peru und Hipkins äußerten, er habe nie eines seiner Werke zweimal ganz gleich mit demselben Ausdruck interpretiert. Der Pianist Ignaz Moscheles (1794−1870) berichtete, Chopins Finger seien „elfenartig leicht“ über die Tasten geglitten, sein Piano sei „hingehaucht“ gewesen. Robert Schumann schrieb: „Bewunderns- wert ist die Leichtigkeit, mit der diese samtenen Finger über die Tasten gleiten, fliehen möcht‘ ich sagen.“ Viele Dokumente belegen, dass Chopin insgesamt wesentlich leiser gespielt hat als seine pianistischen Kollegen, auch in Konzerten. Er versuchte erst gar nicht, die geringe Tonstärke im Bass der damaligen Instrumente (ein Eisenrahmen, der eine höhere Saitenspannung ermöglicht, war noch nicht bekannt) durch stärkeres Spiel auszugleichen. Vier Interpretationen im Vergleich z fragen Formulieren Sie selbst Fragestellungen für die vergleichende (Hör-)Analyse und berück- sichtigen Sie dabei auch die oben gegebenen Informationen. – Anregungen: › Fragestellungen zu musikalischen Grundphänomenen, z. B. Tempo, Dynamik › Fragestellungen zur Beziehung von Interpretation und Notentext, z. B. Freiheit in der Gestaltung des Tempos › Fragestellungen zum Verhältnis von Aufnahmequalität und Wirkung der Interpretation 05 analyse aufführungspraxis Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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