Spielpläne Oberstufe, Schulbuch

131 Erarbeiten Sie dann ergänzend den folgenden Analysetext, der das Werk aus rhythmi- scher Perspektive näher beleuchtet: Die Motette beginnt nahezu statisch, mit langen Notenwerten. Beim Wort „säen“ führen Viertelnoten zum Eindruck einer ruhig fließenden Bewegung, die an das gleichmäßige Austeilen von Saatgut erinnert. Eine starke Wirkung erzielt H. Schütz durch die nur zeitweise Orientierung an Taktakzenten. Taktbetonungen in der Art des modernen Akzentstufentaktes sind streckenweise kaum zu erkennen − die Gruppierung der Notenwerte wird hier nur durch die Mensurzeichen optisch deutlich. Mit dem Textteil „werden mit Freuden ernten“ bringt ein deutlich akzentuierter Dreiertakt die kontrastierende Textaussa- ge auch musikalisch zum Ausdruck. Ein geradezu tänzerisches Gefühl stellt sich ein. Eine bewusste Gestaltung des Textes ist auch in musikalischen Details mehrfach zu beobachten: Betonte Silben (z. B. bei „Tränen“) erhalten längere Notenwerte als un- betonte oder werden z. B. durch einen höheren/tieferen Ton oder durch ein Melisma hervorgehoben (vgl. bei „sä-en“). z zusammenführung Stellen Sie zusammenfassend dar, in welcher Weise der Text in der Motette musikalisch ausgedeutet wird. Beziehen Sie dabei auch den Begriff der Imitation (s. S. 90) ein. z weiterführende interpretation Während seiner zweiten Italienreise (1628/29) arbeitete Heinrich Schütz mit einem neuen Kompositionsstil, den er dort kennengelernt hatte: dem „Stilus oratorius“ (auch „Stilus recitativus“ genannt). Dieser stellt alle musikalische Kunst in den Dienst der Textverständ- lichkeit. Die Betonungen und Längen der einzelnen Silben werden ebenso zur Grundlage der musikalischen Gestaltung wie der Tonfall des Sprechens und der Ausdruck bzw. die Gesten der Worte (z. B. die Bewegung des Säens). Reflektieren Sie, inwiefern auch die Motette „Die mit Tränen säen“ von diesem Stil be- stimmt ist. Franz Schubert: „Erlkönig“ (1815) Die Ballade in der ursprünglichen Bedeutung eines „Tanzlieds“ (ital. ballare = tanzen) ent- stand vermutlich im mittelalterlichen Italien und Südfrankreich. Im Zuge der Ausbreitung der ritterlichen Kultur gelangte sie über Nordfrankreich auch nach Deutschland. Ende des 18. Jhs. wandelte sich die Bedeutung zum erzählenden Lied, dabei entstanden zwei Formen: die anonyme Volksballade und die Kunstballade, die als literarische Form des „Sturm und Drang“ ein wichtiger Bestandteil der bürgerlichen Kunst um 1800 wurde. Als Besonderheit der Ballade gilt die Vereinigung der drei Grundarten der Poesie, da sie epische, lyrische und dramatische Elemente enthält. Thematisch setzt sich eine Ballade mit den Erlebnissen, Erfahrungen und Beziehungen der Menschen auseinander und schildert wie im Fall von Johann Wolfgang von Goethes „Erlkö- nig“ auch naturmagische Erlebnisse. Taktstriche/Mensurstriche Die Einteilung der Musik durch Taktstriche in Takte kam erst ge- gen Ende des 16. Jhs. in Gebrauch. Vorläufer waren Mensurzeichen, die allerdings kein Betonungs- muster t vorgeben. In modernen Schütz-Notenausgaben werden daher keine Taktstriche, sondern sogenannte Mensurstriche gesetzt. 04 form analyse Nur zu Prüfzwecken – Eigen um des Verlags öbv

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