Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch
Das Einschleusen von gesunden ADA-Genen war die erste erfolgreich durchgeführte Gentherapie Die ADA-Immunschwäche beruht auf einem angeborenen Gendefekt, der die Bildung des Enzyms Adenosin-Desaminase (ADA) unterbindet. ADA ist für den Abbau von bestimmten Stoffwechselprodukten zuständig, die den Körper schä digen. Fehlt ADA, reichern sich diese im Körper an und verhindern die Bildung der T-Lymphozyten. ADA-Patientinnen bzw. -Patienten sterben an den harm losesten Infektionen, wie beispielsweise Schnupfen. Betroffene müssen deshalb von jeglichem Infektionsrisiko ausgeschlossen sein, sie können nur in sterilen Plastikzelten überleben. Die erste erfolgreiche Gentherapie wurde im Jahr 1990 von amerikanischen Ärzten, an einem vierjährigen Mädchen, das an der ADA-Immunschwäche litt, durchgeführt. Der vierjährigen Patientin wurde Blut entnommen. Im Reagenz glas schleusten die Ärzte mit harmlosen retroviralen Vektoren gesunde ADA- Allele in die weißen Blutkörperchen ein. Durch Infusionen wurden die gentech nisch veränderten Blutzellen wieder in den Körper des Kindes eingebracht. Nach einigen Behandlungen besserte sich der Zustand des Kindes. Da sich reife weiße Blutkörperchen nicht vermehren, musste die Transfusion der gentechnisch ver änderten Blutkörperchen periodisch wiederholt werden. Eine Verbesserung der ADA-Gentherapie ist das Einschleusen der gesunden ADA-Gene in eigene Knochenmarkszellen (siehe Abb. 33). Die Keimbahntherapie ist ethisch umstritten Therapeutische Eingriffe zur gezielten Reparatur von Genen in den Zellen der Keimbahn (Ei- und Samenzellen bzw. ihre Mutterzellen), die Keimbahntherapie , werden aus ethischen Gründen abgelehnt und ist auch in den meisten Ländern der Welt verboten. Es stellt sich allerdings die Frage, wie lange das noch so sein wird. Es ist unbestritten, dass die Verhinderung bestimmter Krankheiten, wie beispielsweise Mucoviszidose (siehe Seite 53), nur über die Keimbahn möglich ist. Da die Genkorrekturen in den Keimzellen an die Nachkommen weitergege ben werden, ließen sich Erbkrankheiten, die über Generationen in einer Familie immer wieder auftreten, besiegen. Eine andere Zielsetzung der Keimbahntherapie wäre das zusätzliche Einbringen neuer Gene in das menschliche Erbgut. Es könnten beispielsweise Gene einge schleust werden, die eine Immunität gegen bestimmte Infektionskrankheiten bewirken. So wurde bereits darüber spekuliert, ein in Pavianen vorkommendes Gen, das den Tieren eine Abwehr gegen HIV verleiht, auf den Menschen zu über tragen. Langfristige Folgen eines solchen Eingriffs für die Funktion des menschlichen Erbgutes sind allerdings unabsehbar. Gegnerinnen und Gegner der Keimbahntherapie argumentieren unter anderem damit, dass diese Methode zur „Verbesserung des menschlichen Erbgutes“, also zur Schaffung eines „genetisch aufgerüsteten Menschen“, eines „Super menschen“ missbraucht werden könnte. Die Gentherapie ist noch nicht ausgereift Obwohl Gentherapie schon in vielen Fällen erfolgreich durchgeführt werden konnte, gibt es noch einige Hürden zu überwinden, bevor sie routinemäßig eingesetzt werden kann. Zum Beispiel ist es bis heute noch nicht gewährleistet, eine exakte genetische Kontrolle über das transferierte Gen zu erreichen. So passierte es, dass sich in manchen Fällen Gen-Taxis, die zur Behandlung der ADA- Immunschwäche (siehe oben) eingebracht wurden, nicht nur im gewünschten, sondern auch in einem Krebsgen verankerten. Die betroffenen Kinder erkrankten dadurch an Leukämie. Weiters ist noch nicht gewährleistet, dass der Einbau des therapeutischen Gens nicht die Funktion anderer Gene beeinträchtigt. Keimbahntherapie Die Keimbahntherapie wurde bereits im Tierversuch erprobt, die Forschungs ergebnisse zeigen jedoch, dass diese Technik noch lange nicht anwendungsreif ist. So wird beispielsweise das therapeu tische Erbgut nicht immer in gewünsch ter Weise aufgenommen und gesunde Gene können dabei zerstört werden. In der Folge müsste also auf jeden Fall eine PID durchgeführt werden, was den Zweck der Keimbahntherapie wiederum in Frage stellen lässt. 33 Somatische Gentherapie bei ADA- Immunschwäche (Schema) 34 Können Paviangene im Kampf gegen AIDS helfen? Selbst aktiv! Erläutere, welchen Vorteil das Ein schleusen gesunder ADA-Gene in eigene Knochenmarkszellen bei der ADA-Gentherapie bringt. Entnahme von Knochen mark mit blutbildenden Stammzellen Einschleusen eines gesunden ADA-Gens in ein Virengenom Anlegen einer Zell- kultur aus blut- bildenden Stammzellen Viren integrieren das ADA-Gen in die Stammzellen Stammzellen mit ADA-Genen werden in den Blutkreislauf des Patienten übertragen; wachsen im Knochen mark wieder an ▶ 88 Gentechnik Arbeitsheft Seite 29 M Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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