Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch

Chimäre In der Medizin und der Biologie wird damit ein Lebewesen bezeichnet, das aus genetisch unterschiedlichen Zellen bzw. Geweben aufgebaut ist, die aus zwei (oder mehreren) befruchteten Eizellen stammen. Der Begriff stammt vom mythologischen Begriff Chimäre, einem fiktiven Mischwesen, das sich aus meh­ reren Lebewesen zusammensetzt. determiniert festgesetzt determinare (lat.) = festsetzen Nabelschnurblut Stammzellen aus dem Nabelschnurblut werden bereits zur Behandlung leukämie­ kranker Kinder verwendet (anstelle von Knochenmarkszellen) Markus Hengstschläger (geb. 1968), österreichischer Genetiker, Universitätsprofessor für Medizinische Genetik an der Medizinischen Universität Wien, stellvertretender Vorsitzender der österreichischen Bioethikkommission (siehe Seite 58) 21  Stammzellenforschung bringt Hoff­ nung für verschiedene Krankheiten. Therapeutisches Klonen ist in wenigen Ländern erlaubt Während reproduktives Klonen von Menschen aus ethischen Gründen in den meisten Staaten der Erde gesetzlich untersagt ist, ist therapeutisches Klonen in manchen Ländern erlaubt, wie zB in Großbritannien, China, Singapur, Süd­ korea und den USA. In Österreich ist die Rechtslage bislang nicht eindeutig geklärt. Nach dem § 9 (1) FMedG dürfen „entwicklungsfähige Zellen“ nicht für andere Zwecke als für medizinisch unterstützte Fortpflanzungen verwendet werden. Ob diese Formulierung auch embryonale Stammzellen miteinschließt, die durch thera­ peutisches Klonen erzeugt worden sind, ist umstritten. Für das therapeutische Klonen werden auch tierische Eizellen verwendet Da es mitunter schwierig ist, genügend Eizellspenden für das therapeutische Klonen zu bekommen, werden in den USA, Südkorea, China und Großbritannien zu Forschungszwecken bereits auch tierische Eizellen, zum Beispiel von Kühen, verwendet. Das Ergebnis sind streng genommen artübergreifende Chimären , da die entkernten tierischen Eizellen noch die mtDNA enthalten (siehe Seite 79). Nicht nur, dass die Verwendung solcher Hybridembryonen für therapeutische Zwecke als bedenklich hinsichtlich der medizinischen Sicherheit gilt, ist auch die Aufhebung der klaren Grenzziehung zwischen Mensch und Tier ethisch sehr um­ stritten. Stammzellen aus Nabelschnurblut lassen sich jahrzehntelang lagern Im Nabelschnurblut wurden Stammzellen gefunden, die noch nicht so deter­ miniert sind wie adulte Stammzellen, aber auch nicht mehr das Entwicklungs­ vermögen embryonaler Stammzellen aufweisen. Derzeit sind solche, im Nabel­ schnurblut vorkommende, blutbildende Stammzellen von großem Interesse. Nabelschnurblut enthält aber auch Stammzellen diverser Körpergewebe (Herz­ muskel-, Leber-, Muskelgewebe …). Im Sommer 2001 wurde in Graz damit begonnen, die erste Nabelschnurblutbank aufzubauen. Nabelschnurblut kann einfach nach der Geburt eines Kindes aus dem abgetrennten Teil der Nabelschnur oder aus der Plazenta gewonnen werden. Die Stammzellen werden bei einer Temperatur von –196 °C einlagert. Zellen aus dem Fruchtwasser sind neue Hoffnungsträger der Stammzellenforschung 2003 entdeckte Markus Hengstschläger mit seiner Forschergruppe im Frucht­ wasser schwangerer Frauen Zellen, die den pluripotenten embryonalen Stamm­ zellen sehr ähnlich sind – sie können sich zu unterschiedlichen Zelltypen ent­ wickeln. Selbst aktiv! 1. Lies die Konventionstexte und die Zusatzprotokolle des Menschenrechtsübereinkommens zur Biomedizin (über die Homepage der Bioethik-Konvention), informiere dich, welche Staaten die Bioethik-Konvention unterzeichnet haben und welche Kritikpunkte an der Bioethik-Konvention bestehen. 2. In einem Zusatzprotokoll vom 12. Jänner 1998 verbietet die Bioethik-Konvention das reproduktive Klonen. Diese Reproduktionsmethode wird auch nahezu von allen seriösen Wissenschafterinnen und Wissenschaftern als unmoralisch abgelehnt. Welche Meinung vertrittst du? Diskutiert darüber in der Klasse. 3. Recherchiere, warum Stammzellen aus Nabelschnurblut in vielen Fällen trotz identischen Erbmaterials für Eigen­ transplantationen nicht geeignet sind. 83 Stammzellenforschung und therapeutisches Klonen Arbeitsheft Seite 29 M Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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