Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch

epigenetische Faktoren Eine spanische Forschergruppe fand her­ aus, dass das Epigenom (siehe unten) ein­ eiiger Zwillinge in jungen Jahren nahezu identisch ist, später jedoch nicht mehr. Offensichtlich haben die mit fortschrei­ tendem Alter zunehmenden unterschied­ lichen Lebensumstände Einfluss darauf. epi- (griech.) = über, genesis (griech.) = Entstehung Epigenetik Teilgebiet der Biologie, das der Frage nachgeht, wie und inwieweit die Aktivität der Gene von der Umwelt beeinflusst wird DNA-Methylierung Kopplung von Methylgruppen (CH 3 –) an die Cytosin-Nukleotide der DNA Acetylierung Anlagerung einer Acetylgruppe (CH 3 CO–) Nahrung Ein Paradebeispiel für den Einfluss der Nahrung auf die epigenetische Gen­ regulation ist die Entwicklung von Bienen­ larven. Man entdeckte, dass Arbeiterin­ nen und Königinnen bei den Genen, die für die Entwicklung zuständig sind, große Unterschiede der epigenetischen Codes aufweisen. Verursacht werden diese durch die Nahrung. Pollen und Honig ver­ ursachen eine starke Methylierung der für die Entwicklung zuständigen DNA-Ab­ schnitte, aus den Bienenlarven entwi­ ckeln sich Arbeiterinnen. Wird eine Bie­ nenlarve aber mit Gelee Royale gefüttert, entwickelt sie sich zur Königin. Der Fut­ tersaft enthält eine Fettsäure, die die ent­ sprechenden Gene aktiviert. Epigenetik Eineiige Zwillinge (natürliche Klone) haben identisches Erbmaterial und damit viele Gemeinsamkeiten. Sie weisen aber häufig auch Unterschiede auf, besonders imAlter. Die Ursachen dafür werden unter anderemso genannten epigenetischen Faktoren zugeschrieben. Alle Zellen eines Organismus sindmit demgleichen Erbgut ausgestattet. Abhängig vom Zelltyp (Nerven-, Muskel-, Hautzellen u.s.w.) ist aber nur ein bestimmter Teil der Gene aktiv und das auch nicht immer. Epigenom – die Gesamtheit aller epigenetischen Marker Die Epigenetik befasst sich mit den Prozessen, die dafür verantwortlich sind, dass bestimmte Gene in Zellen abgelesen (und damit bestimmte Proteine synthetisiert) werden, während andere inaktiv sind. Zwei mittlerweile gut erforschte Regula­ tionsmechanismen sind die DNA-Methylierung , die die Genaktivität hemmt, und die Acetylierung der Histone, die durch Auflockern des dicht gepackten gene­ tischen Materials die Transkription stimuliert. Durch diese so genannten epigeneti­ schen Marker (epigenetische Codes), die von einer Zell-Generation auf die nächste übertragen werden, entstehen epigenetische Muster. Sie sind in den verschiede­ nen Zelltypen und auch von Organismus zu Organismus unterschiedlich. Die Gesamtheit der epigenetischen Marker wird als Epigenom bezeichnet. 16  Eineiige Zwillinge – trotz Erbgleichheit gibt es Unterschiede 17  Genaktivität durch epigenetische Marker (Schema) Histone unmethyliertes Cytosin Acetylgruppen methyliertes Cytosin Transkription kann stattfinden Jedes Lebewesen hat individuelle epigenetische Muster Externe Faktoren (zB Nahrung , Hunger, Sport, Stress, soziales Umfeld, Emotionen, Erlebnisse im Mutterleib, Nikotin …) sind für die DNA-Methylierung und andere Regulationsmechanismen von Bedeutung. Im Laufe des Lebens entwickeln Lebe­ wesen so ihre ganz individuellen epigenetischen Codes und damit Eigenschaften. Transkription kann nicht stattfinden 18  Die Entwicklung der Honigbiene – ein Beispiel für den Einfluss der Nahrung auf die epigenetische Genregulation Pollen und Honig verursachen eine starke Methylierung der Gene, die für die Entwick- lung einer Arbeiterin zuständig sind. Gelee Royale aktiviert die Gene, die für die Entwicklung einer Königin zuständig sind. Ob sich aus der Bienenlarve eine Arbeiterin oder eine Königin entwickelt, hängt von der Nahrung ab. ▶ 80 Gentechnik Arbeitsheft Seite 29 M Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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