Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch
Mutationen in Körperzellen – Krebsentstehung Der Zellzyklus (siehe Begegnungenmit der Natur, Band 6) unterliegt einemkompli- zierten Kontrollsystem. Während der einzelnen Phasen (G1-, S-, G2- und M-Phase) gibt es Kontrollpunkte, an denen die nächste Phase nur dann eingeleitet wird, wenn bestimmte Proteine wirksam werden. Bleiben diese Signale aus, stoppt der Zellzyklus. Eine ganz wichtige Rolle spielt der in der späten G1-Phase liegende Restriktionspunkt. An ihm wird reguliert, ob das Signal für die S-Phase gegeben wird. Bleibt dieses aus, findet keine Replikation statt. Die Zelle geht in die G0-Phase über. Zellen in der G0-Phase teilen sich nicht mehr, erfüllen dafür jedoch bestimm- te Aufgaben imKörper ( ausdifferenzierte Zellen ; zB rote Blutkörperchen, Nerven- und Muskelzellen). Adulte Stammzellen hingegen teilen sich lebenslang und ersetzen gealterte, beschädigte und abgestorbene Zellen. Daneben gibt es auch Zellen, die zwar ausdifferenziert sind, bei Zellverlust aller- dings von der G0-Phase wieder in die G1-Phase übergehen und sich in weiterer Folge teilen können (zB Leberzellen). p53 ist ein Tumorsuppressor Unsere Zellen sind also unter anderem mit Genen ausgestattet, die den Bauplan für Proteine kodieren, die den Zellzyklus kontrollieren bzw. regulieren ( Proto onkogene und Tumorsuppressorgene ) und damit das Wachstum, die Teilung und die Differenzierung der Zelle (siehe auch Seite 30). Ein Beispiel für ein Protein, das als Tumor-Suppressor wirkt, ist p53 . Erfolgt beispielsweise durch UV-Bestrahlung oder durch den Einfluss von Che mikalien ein Doppelstrangbruch, also eine Durchtrennung beider DNA-Nukleo- tidketten, wandert p53 in den Zellkern, bindet dort an die DNA, stoppt die Zell- teilung und aktiviert Reparaturmechanismen, wie etwa das so genannte Proof reading . Dabei repariert die DNA-Polymerase (siehe Seite 32) in 3‘–5‘-Richtung Fehler, die sie selbst verursacht hat. Ein weiteres Beispiel zur Behebung von DNA- Schäden ist das Herausschneiden fehlerhafter DNA-Abschnitte anhand des Enzyms Exzisionsendonuklease mit anschließender Ergänzung durch die rich- tigen Nukleotide mit Hilfe der DNA-Polymerase. Ist der Defekt behoben, darf sich die Zelle weiter teilen. Ist der Schaden allerdings so groß, dass eine Reparatur unmöglich ist, leitet p53 die Apoptose ein, wodurch der Fehler auswirkungslos bleibt. Durch Zellen der unspezifischen Immunabwehr werden die vernichteten Zellen entfernt (siehe Abb. 26). Die Anzahl der Zellteilungen ist begrenzt Bei der Verdoppelung der DNA bleiben die 3‘-Enden unrepliziert. Am Leitstrang ist dies der DNA-Abschnitt, an dem der RNA-Primer gebildet wird, am Folge- strang der DNA-Abschnitt, an dem der letzte RNA-Primer gebildet wird (siehe Seite 32). Dadurch geht mit jeder Replikation ein 50 bis 200 Basenpaare um fassendes Stück DNA verloren. Um zu verhindern, dass es dabei zu einem In formationsverlust kommt, befinden sich an den Enden der Chromosomen die so genannten Telomere. Es sind hundert- bis tausendfache Wiederholungen der Basensequenz TTAGGG (bzw. AATCCC auf dem komplementären Strang), die nur für die Stabilität der Chromosomen von Bedeutung sind. Bei jeder Zellteilung werden sie etwas kürzer. Haben sie eine gewisse kritische Länge unterschritten, ist das Teilungspotenzial der Zelle erschöpft. Dadurch wird die Apoptose einge- leitet, die Zelle stirbt. Das Chromosommit dem kürzesten Telomer bestimmt die Alterung und schließ- lich den Verlust der Zelle. Die Telomere stellen somit eine„biologische Uhr“ dar. ausdifferenzierte Zellen die meisten Zellen in unserem Körper befinden sich in diesem Zustand adulte Stammzellen zB Stammzellen im Knochenmark, in der Haut, im Darm Protoonkogene sind Gene, deren Produkte das Zellwachs- tum und die Zellteilung fördern Tumorsuppressorgene sind Gene, deren Produkte das Zellwachs- tum und die Zellteilung hemmen suppressio (lat.) = das Unterdrücken p53 wurde 1979 unabhängig voneinander von dem britischen Krebsforscher David Lane (geb. 1952) und dem US-amerikani- schen Biologen und Krebsforscher Arnold Levine (geb. 1939) im Cytoplasma ge funden, ohne jedoch zu ahnen, welche wichtige Bedeutung dieses Protein hat. Jahre danach wurde auch das zuständige Gen gefunden, das allerdings kaum Be- achtung fand. Das Interesse an p53 stieg erst, als man erkannte, dass es das Wachs- tum entarteter Zellen hemmt. Proofreading engl. für Korrekturlesen Exzisionsendonuklease exzidere (lat.) = herausschneiden Apoptose programmierter Zelltod apopiptein (griech.) = abfallen 25 Zellzyklus (Schema) Selbst aktiv! 1. Durch Apoptose werden alte, überflüssige, beschädigte, infizier- te oder sonst irgendwie veränder- te Zellen beseitigt. Vielleicht müs- sen wir altern, um nicht frühzeitig an entarteten Zellen zu sterben?! Nimm zu dieser Aussage Stellung. 2. Setze dich mit den Konsequen- zen auseinander, die sich für uns er- gäben, wenn es gelänge, in unse- remKörper den vorprogrammierten Tod der Zellen auszuschalten. Arbeitsheft Seite 27 M Mitose und Zellteilung Vorbereitung zur Mitose Synthesephase: DNA-Synthese Aufbau der für die DNA-Synthese notwen- digen Komponenten Ruhephase Restriktionspunkt 62 Humangenetik Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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