Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch
Die Vererbung der Blutgruppen Gene können also in verschiedenen Allelen vorliegen. Von denmeisten Genen gibt es allerdings mehr als nur zwei Allele (multiple Allele). Ein Beispiel dafür ist das AB0-Blutgruppensystem des Menschen. Die Bezeichnungen A, B und 0 beziehen sich auf bestimmte Moleküle ( Glyko proteine, Glykolipide ), die an der Oberfläche der roten Blutkörperchen vorkom- men können, die Antigene . Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Übertragung von Spenderblut (Bluttransfusion): Sind die roten Blutkörperchen des Empfängers nicht identisch mit denen des Spenders, binden sich bestimmte Abwehrproteine ( Antikörper ) an die fremden Oberflächenmoleküle und bringen damit die Blutkörperchen des Spenderblutes zur Verklumpung ( Agglutination ). Die Blutgruppen des Menschen sind A, B, AB und 0 Wir unterscheiden beim Menschen vier Blutgruppen, die sich durch die Kombi- nation dreier Allele eines Gens ergeben: Das Allel I A führt zur Bildung des Mole- küls A, das Allel I B führt zur Bildung des Moleküls B und das Allel I 0 führt weder zur Bildung von A noch von B. Jeder Mensch besitzt in seinen Körperzellen zwei die- ser Allele. Sind sie gleich, ist der Betreffende homozygot für diese Blutgruppe: Genotypus I A I A führt zur Blutgruppe A, Genotypus I B I B zur Blutgruppe B und Geno- typus I 0 I 0 zur Blutgruppe 0. Treffen zwei unterschiedliche Allele aufeinander, dominieren immer I A und I B über I 0 : Genotypus I A I 0 führt zur Blutgruppe A, Genotypus I B I 0 zur Blutgruppe B. I A und I B wirken sich im Phänotypus gleich stark aus, sie sind kodominant (siehe Seite 9): Genotypus I A I B führt also zur Blutgruppe AB. A- und B-Antikörper bilden sich in den ersten Lebensmonaten Die Antikörper gegen die A- und B-Antigene (Anti-A und Anti-B; siehe Abb. 7) sind nicht von Geburt an vorhanden. Sie bilden sich im 3. bis 6. Lebensmonat. Zu dieser Zeit besiedeln Bakterien und Pilze den Dickdarm (Darmflora). Bestimmte Darmbakterien tragen die gleichen Antigene auf ihrer Oberfläche, wie unsere Blutkörperchen. Es gibt also welche mit A- und welche mit B-Anti genen. Säuglinge mit der Blutgruppe A bilden Antikörper gegen die Bakterien mit den B-Antigenen (Anti-B). Babys mit der Blutgruppe B bilden Antikörper (Anti-A) gegen die A-Antigen tragenden Bakterien. Babys mit der Blutgruppe AB bilden keine Abwehrstoffe. Babys mit der Blutgruppe 0 bilden sowohl Anti-A als auch Anti-B. Der Rhesusfaktor wird über ein dominantes Allel vererbt Durch die Entdeckung des Rhesusfaktors konnte das Rätsel um eine bei man- chen Neugeborenen auftretende, lebensgefährliche Krankheit (siehe Seite 51) gelöst werden. Der Rhesusfaktor ist ein Protein an der Oberfläche der roten Blut- körperchen (das so genannte Antigen D), das bei etwa 85% der Bevölkerung vor- kommt. Ihr Blut wird mit Rh + (rhesuspositiv) bezeichnet. Bei den restlichen 15% fehlt das Antigen D, ihr Blut ist rh – (rhesusnegativ). Schon an der Groß- beziehungsweise Kleinschreibung Rh + /rh – lässt sich erken- nen, dass das Allel, das zur Bildung des Oberflächenproteins führt, über das Allel, das nicht zur Bildung dieses Proteins führt, dominiert. Daraus ergibt sich: Der Genotypus Rh + /Rh + führt zu Rh + , Rh + /rh – führt zu Rh + und rh – /rh – führt zu rh – . Selbst aktiv! Leite her, welche Blutgruppenallele Menschen aufweisen, die a) Anti-A b) Anti-B c) Anti-A und Anti-B d) weder Anti-A noch Anti-B im Blut haben. Blut- gruppe Anti- gene Anti- körper Anti- A Anti- B A A Anti-B B B Anti-A AB A B keine 0 keine Anti-B Anti-A Arbeitsheft Seite 22 M ▶ AB0-Blutgruppensystem wurde vomWiener Arzt Karl Landsteiner (1868–1943) entdeckt; aufgrund dieser und der Entdeckung des Rhesusfaktors (siehe unten) erhielt er 1930 den Nobel- preis für Medizin Glykoproteine Eiweiße mit Kohlenhydratanteil Glykolipide Lipide (Fette und fettähnliche Sub stanzen) mit Kohlenhydratanteil Antigene anti (griech.) = gegen, -genes (griech.) = hervorbringen Antikörper Immunglobuline; dienen der Abwehr von Antigenen Agglutination agglutinare (lat.) = anheften, anleimen Rhesusfaktor wurde ebenfalls durch Karl Landsteiner entdeckt; der Name rührt daher, dass der Rhesusfaktor als erstes im Blut von Rhesusaffen nachgewiesen wurde. 6 Karl Landsteiner 7 Blutgruppenmerkmale (links) und Blutgruppenbestimmung durch Agglutination (rechts) 50 Humangenetik Nur zu Prüfzwecken – Eigentum d s Verlags öbv
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=