Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch

Retroviren sind Viren mit einem Genom aus RNA Je nachdem aus welcher Nukleinsäure das Virengenom besteht, unterscheiden wir DNA- und RNA-Viren. Unter den RNA-Viren sind die Retroviren aufgrund ihres komplizierten Vermeh­ rungszyklus besonders hervorzuheben. Ein bekanntes Beispiel ist hierfür der HI-Virus , der beim Menschen die Immunschwächekrankheit AIDS hervorruft (siehe Begegnungen mit der Natur, Band 6). Retroviren besitzen Enzyme, die die Transkription der Viren-RNA in DNA ( reverse Transkription ) ermöglichen. Als Zwischenprodukt entsteht dabei ein RNA-DNA-Hybridstrang, der durch den Abbau des RNA-Stranges und die komplementäre Ergänzung des verbleibenden DNA-Einzelstranges zum DNA-Doppelstrang (Provirus) umgebaut wird. Dieser schleust sich in ein Chromosom eines tierischen oder menschlichen Zellkerns ein. In der Folge wird Virusprotein synthetisiert. Die bei der Transkription ge­ bildete m-RNA bildet die Erbsubstanz für die nächste Virengeneration. Sie wird von den Virusproteinen umhüllt. Damit können die neuen Viren die Wirtszelle verlassen. Viroide und Prionen Neben Viren gibt es weitere infektiöse Partikel, die nicht zu den Lebewesen zählen. Die virusähnlichen Viroide sind Pflanzenschädlinge Viroide , die kleinsten bekannten Krankheitserreger, sind einige hundert Nukleo­ tide lange, ringförmige RNA-Moleküle, die im Gegensatz zu den Viren keine zusätzlichen Proteine oder Lipide in Form einer Hülle besitzen. Wie die Viren sind sie von der Vermehrung in einer Wirtszelle abhängig. Viroide sind Pflanzenschädlinge. Sie können unter anderem den Stoffwechsel stören, Zwergwuchs verursachen oder die Pflanze zum Absterben bringen. So hat beispielsweise ein Viroid auf den Philippinen zum Absterben von mehr als 10 Millionen (!) Kokospalmen geführt. Ein bestimmtes Viroid verursacht bei Kartoffelpflanzen die Pflanzenkrankheit Spindelknollensucht, die zu einem typisch spindelförmigen Wuchs der Kartoffel­ knollen führt. Prionen sind Proteine, die pathogen werden können Prionen sind Glykoproteine, also Proteine mit Kohlenhydratketten, die im menschlichen und tierischen Organismus natürlich vorkommen (zB als Bestand­ teil der Zellmembranen). Gegen Ende des 20. Jahrhunderts haben sie im Zu­ sammenhang mit BSE und der beim Menschen auftretenden Creutzfeldt- Jakob-Krankheit für Schlagzeilen gesorgt. Beide Krankheiten sind mit hoher Wahrscheinlichkeit auf pathogene Prionen zurückzuführen, die durch Fehler bei der Faltung des Proteinanteils zur Tertiärstruktur (siehe Seite 24) gebildet werden. Die deformierten Glykoproteine lagern sich im zentralen Nervensystem ab und verursachen dort das Absterben von Nervenzellen. Die pathogenen Prionen können spontan im Körper entstehen (in den meisten Fällen Ursache bei der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit) oder mit verunreinigter Nahrung in den Körper aufgenommen werden (bei der BSE über den Verzehr von verseuchtem Rindfleisch). Mit 24. Mai 2012 wurde Österreich offiziell als Land mit vernachlässigbarem BSE- Risiko eingestuft. In Österreich geborene Rinder werden nur mehr im Verdachts­ fall bzw. stichprobenartig auf BSE getestet (Stand November 2014). Retroviren retro (lat.) = zurück HI-Virus h uman i mmunodefiency v irus reverse Transkription Umkehrung der Transkription, d.h. die Übersetzung der Basensequenz einer RNA in eine komplementäre DNA; die dafür verantwortlichen Enzyme werden als reverse Transkriptasen bezeichnet Viroide viroid bedeutet virusähnlich Prionen proteinaceus infectious particles BSE (Bovine Spongiforme Encephalopathie) „Rinderwahnsinn“; Gehirn- und Rücken- markserkrankung bei Rindern Creutzfeldt-Jakob-Krankheit unheilbare, tödlich verlaufende Nerven­ erkrankung, schwammartige Auflösungs­ erscheinungen im Gehirn pathogen eine Krankheit verursachend pathos (griech.) = Leiden Selbst aktiv! Recherchiere. Im menschlichen Genom findet man Abschnitte, die als (Retro-)Transposons bezeich- net werden. Warum werden sie als „springende Gene“ bezeichnet? 50  Vermehrungszyklus eines Retrovirus am Beispiel von HIV HI-Virus beim Eintritt in die Zelle neuer HI-Virus ▶ Arbeitsheft Seite 21 M 44 Molekulargenetik Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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