Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch
Mutationen können ein Vorteil, Nachteil oder irrelevant sein Häufig sind Mutationen äußerlich nicht erkennbar, sie sind lediglich als neue rezessive Allele im Erbgut vorhanden und so für den Träger unbedeutend. Sind sie dominant oder treffen zufällig zwei gleich mutierte rezessive Allele zusam men, können diese „genetischen Fehler” positive oder negative Auswirkungen zeigen. In vielen Fällen zeigen sie aber auch keine spezielle Wirkung. Negative Mutationen bringen Nachteile für das betroffene Lebewesen und sind mitunter sogar tödlich. Positive Mutationen stellen einen Vorteil dar, sie ereignen sich aber seltener als negative. Die Ursache dafür liegt vermutlich in der natür lichen Selektion (siehe Seite 102). Ob eine Mutation positiv oder negativ ist, er weist sich nur im Zusammenhang mit der Umwelt des betroffenen Organismus. Die Sichelzellenanämie bringt in Malariagebieten Vorteile Das oben genannte Prinzip der natürlichen Selektion lässt sich am Beispiel der Sichelzellenanämie sehr gut veranschaulichen: Das Allel, das zur Bildung normaler Hämoglobinmoleküle führt und das Sichel zellen formende Allel sind kodominant. Liegt Heterozygotie vor, wird also so wohl normales als auch defektes Hämoglobin erzeugt. Heterozygote Träger bzw. Trägerinnen des Sichelzellenallels sind trotzdem meistens beschwerdefrei. Nur manche weisen bei extremem Sauerstoffmangel einige Symptome der Krankheit (siehe Abb. 43) auf. Liegt Homozygotie vor, sind alle roten Blutkörperchen im Blut davon betroffen. Die in der Folge auftretenden Symptome zeigen sich etwa ab dem 6. Lebens monat. Sichelzellenallele finden sich fast ausschließlich bei Schwarzafrikanerin nen bzw. Schwarzafrikanern. In Teilen Afrikas ist fast ein Drittel der Bevölkerung heterozygot für dieses Merkmal. Warum kommt das Sichelzellenallel in anderen Gegenden der Welt praktisch nicht vor? Allele, die sich in einer bestimmten Umwelt nicht als günstig erweisen, werden selektiert (siehe Randspalte). Demnach muss das Sichelzellenallel in den betref fenden Gebieten Afrikas einen Selektionsvorteil haben, sich also als positiv er weisen. Betrachtet man die Verbreitungskarte der Sichelzellenanämie (siehe Abb. 41) und die der Malaria (siehe Abb. 42), lässt sich erkennen, dass sich die Verbreitungsgebiete weitgehend decken. Tatsächlich haben heterozygote Träger bzw. Trägerinnen des Sichelzellenallels einen Vorteil gegenüber Menschen, die kein Sichelzellenallel tragen – sie sind resistent gegen Malaria. 39 Normal geformte Blutzellen und Sichelzellen im Vergleich natürliche Selektion Auswahl durch die Umwelt; Individuen, die für das Überleben in einer bestimm ten Umwelt die besseren Voraussetzun gen mitbringen, also aufgrund ihres Erb materials besser angepasst sind, haben eine größere Überlebenschance als sol che, die nicht die für die Umweltbedin gungen optimalen Gene aufweisen. Durch die Umwelt findet also eine Aus lese statt. Dies bedeutet aber, dass Muta tionen bei gut angepassten Individuen und unveränderten Umweltbedingungen fast immer negative Auswirkungen haben, da sie in gut funktionierende Abläufe eingreifen. Sichelzellenanämie Krankheit, die durch eine Punktmutation (siehe Abb. 40) hervorgerufen wird, bei der sich die Hämoglobinmoleküle der roten Blutkörperchen bei Sauerstoffver minderung (zB körperliche Anstrengung) zu langen Ketten verbinden (polymeri sieren). Die Blutkörperchen nehmen dadurch Sichelform an (siehe Abb. 39). Malaria Die Krankheit wird von Parasiten aus der Gattung Plasmodium (siehe Begegnun gen mit der Natur, Band 5) hervorgerufen. Überträger des Krankheitserregers sind Stechmücken der Gattung Anopheles. Nach Schätzungen der WHO erkranken jährlich 400 Millionen Menschen daran. Neben Durchfall, Unterernährung, Ma sern und Lungenentzündung ist die Ma laria eine der fünf Haupttodesursachen. Die Plasmodien dringen in die roten Blut körperchen ein und vermehren sich dort. Wenn sie voll entwickelt sind, platzen die Blutkörperchen auf und setzen die neuen Plasmodien frei. Die Zerstörung der roten Blutkörperchen verursacht Fieberschübe, die für die Betroffenen lebensgefährlich sein können. Erste Krankheitssymptome sind häufig Kopfschmerzen, Fieber, Ab geschlagenheit, schneller Puls, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. 40 Punktmutation , die die Sichelzellenanämie verursacht 41 Verbreitung der Sichelzellenanämie 42 Verbreitung der Malaria Ausschnitt aus einem„gesunden“ Gen Boten-RNA Boten-RNA Glutaminsäure Valin Ausschnitt aus dem mutierten Gen Sichelzelle Arbeitsheft Seite 18, 19, 20 M 40 Molekulargenetik Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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