Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch

Der Rassenbegriff ist veraltet, sein Einsatz problematisch Der Begriff „race“ bzw „ Rasse “ geht bis ins späte Mittelalter zurück. Er wurde in erster Linie als Beschreibung für die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Familie (Abstammung) verwendet. 1735 gliederte Carl von Linné (siehe Seite 101) die Menschheit in sechs Rassen (Amerikaner, Asiaten, Europäer, Afrikaner, Wilde und Scheusale) und lieferte da- mit die Grundlage für Sklaverei und Kolonialherrschaft. 40 Jahre später traf der deutsche Arzt Johann Friedrich Blumenbach die Einteilung der Menschheit nach Hautfarben. Der ursprünglich aus England stammende deutsche Schriftsteller Hoston Stewart Chamberlain (1855–1927), ein Förderer Adolf Hitlers, gilt als geis- tiger Wegbereiter des Nationalsozialismus. Er stellte Rassentheorien über Hethi- ter, Arier und Juden, über reine und vermischte „Rassen“ auf. Die „nordischen Menschen“ (Arier) wurden den Semiten (Juden) gegenübergestellt – die „Rassen- lehren“ verschmolzenmit der jahrhundertelangen Judenfeindschaft zum„Rassen­ antisemitismus“ (siehe Seite 60). Molekularbiologie und -genetik widerlegen Rassenideologien 1951 begann Luigi Luca Cavalli-Sforza Stammbäume genetischer Verwandt- schaften der Menschheit zu erstellen. Seine und weitere Ergebnisse verschie­ dener Forschungsgruppen aus der Molekularbiologie und -genetik brachten Er- kenntnissedarüber, dassdasGenomderMenschheitkeinenaturwissenschaftliche Grundlage für den Rassenbegriff liefert. Tatsächlich sind es äußere Bedingungen wie das Klima oder die Entwicklung des Ackerbaus, die für die Entwicklung zum heutigen Menschen bedeutend waren. Stärker noch, die Unterschiede zwischen einzelnen Individuen sind auf molekulargenetischer Ebene ausschlaggebender als die Unterschiede der Merkmale, die man zwischen den so genannten„Rassen“ finden kann. In Zusammenhang mit dem Menschen ist der Begriff „Rasse“ somit wegen seiner wissenschaftlichen Unhaltbarkeit und besonders aufgrund seiner menschenverachtenden Auslegung zur Zeit des Nationalsozialismus nicht mehr zu verwenden. Auch in der Biologie wird er mittlerweile in den meisten Fällen durch den Begriff Unterart ersetzt. Vitamin D entsteht aus Provitaminen durch Sonnenlicht Unterschiede in der Hautfarbe hängen mit der unterschiedlichen Verfügbarkeit von Licht (UV-Strahlung) in verschiedenen Regionen der Erde zusammen. Der Mensch benötigt UV-Licht zur Produktion von Vitamin D, welches für die Festig- keit der Knochen von Bedeutung ist. Melanin hat sich in den Tropen als Anpas- sung an die intensive Sonnenbestrahlung durchgesetzt – es schützt vor der krebs- auslösenden Wirkung zu intensiver Sonnenbestrahlung. Da der „frühe Mensch” am Äquator lebte, war die Haut stark pigmentiert. Mit der Wanderung nach Norden musste die Haut heller werden, um den Vitamin-D-Bedarf zu decken. „Rasse“ „Rassen“ wurden vor allem aufgrund äußerlicher Merkmale (zB Hautfarbe, Form des Schädels oder Behaarung) unterschieden. Allerdings wurden aber auch Unterschiede im Charakter und den individuellen Fähigkeiten angenommen. So wurde der Rassenbegriff auch dazu auf menschenverachtende Weise miss- braucht, angeblich höher- und minder- wertige Menschenrassen zu unterschei- den und Zusammenhänge zwischen rassisch bedingten Eigenschaften und der Kulturentwicklung zu definieren (Rassismus). Luigi Luca Cavalli-Sforza (geb. 1922); ital. Humangenetiker UV-Licht Setzt man eine hellhäutige Versuchs­ person einer starken Dosis UV-Licht aus, kann man anschließend in einer Blut­ probe einen gewissen Vitamin D-Gehalt nachweisen. Setzt man eine dunkelhäutige Person der gleichen UV-Lichtmenge aus, die bei der oder dem Hellhäutigen zur Bildung von Vitamin D geführt hat, passiert gar nichts. Es erfolgt keine Vitamin D-Produktion. Erst bei der sechsfachen Lichtmenge, eine Strahlendosis, die die Haut eines Euro­ päers bzw. einer Europäerin schädigen würde, wird im Körper der dunkelhäuti- gen Testperson das Vitamin produziert. Melanin das braune Pigment der Haut Vitamin-D-Bedarf Bei dunkelhäutigen Menschen, die in hohen Breiten leben, kann ein Mangel an Vitamin D auftreten, der durch geeignete Nahrung oder Vitaminpräparate ausge- glichen werden muss. 115  Die Ausbildung der Hautbräunung ist als Anpassung an unterschiedliche Lichtbedingungen entstanden. 116  UV-Strahlung und Verteilung der Hautpigmentierung Selbst aktiv! Überlege. Wodurch lässt sich das Hellerwerden der Hautfarbe mit der Wanderung nach Norden genetisch erklären? Arbeitsheft Seite 39 M 130 Evolution Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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