Begegnungen mit der Natur 8, Schulbuch

Von der chemischen zur biologischen Evolution Stanley Lloyd Miller und Harold Clayton Urey machten 1953 gemeinsam Ex­ perimente zur Entstehung des Lebens: Durch ein Gasgemisch ähnlicher Zusam- mensetzung der Uratmosphäre schickten die beiden Blitze, erhitzten es und kühl- ten es anschließend wieder ab. Sie simulierten damit Bedingungen, wie sie in der frühen Erdgeschichte vermutlich geherrscht haben. Nach kurzer Zeit konnten die Wissenschafter im Gasgemisch und im kondensierten Wasser neue, vor allem organischeVerbindungen nachweisen. Die chemische Evolution begann in der „Ursuppe“ Ähnlich dürfte es zur Bildung der ersten organischen Moleküle gekommen sein ( chemische Evolution ). Diese sammelten sich in kleinenTümpeln (Ursuppe), wo sie sich zu größeren Molekülen wie Proteinen und Nukleinsäuren zusammenlagerten. Laborversuche zeigen, wie in der Ursuppe so genannte Protobionten – Koazer- vate, Mikrosphären und Liposomen – entstanden sein könnten: Koazervate sind Kügelchen, die sich bilden, wenn man eine wässrige Lösung von Polypeptiden, Kohlenhydraten und Nukleinsäuren schüttelt. Sie weisen eine Verdickung an der Außenwand, eine Art Membran, auf. Befinden sich zusätzlich Enzyme in der Lö- sung, werden diese in die Koazervate mitaufgenommen. Koazervate können Stoffe aus der Umgebung absorbieren und in veränderter Formwieder abgeben. Aminosäurengemische können bei Erwärmung dazu gebracht werden, sich zu Polypeptiden zu verbinden, welche sich anschließend zu Mikrosphären , kugel- förmigen Gebilden, formen, die von einer selektiv-permeablen Proteinmembran umgeben sind. Sind im Versuchsansatz auch bestimmte Lipoide (fettähnliche Stoffe) enthalten, entstehen Liposomen . Die ersten Lebewesen waren chemoautotroph Die in der Ursuppe angereicherten Protobionten vergrößerten sich zum Teil (durch Absorption von Stoffen) und vermehrten sich. Zu Lebewesen entwickel- ten sich aber nur jene, die es schafften, ihre chemische Identität weiterzuge- ben – Protobionten, die Moleküle enthielten, die Informationen speichern und weitergeben konnten. So entstanden die ersten Lebensformen – die Voraus­ setzung für die biologische Evolution , die damit eingeleitet wurde. Neueste Forschungen gehen davon aus, dass die ersten Lebewesen chemoautotrophe Prokaryonten waren (siehe Begegnungen mit der Natur, Band 5). Vor 2,4 Mrd. Jahren kam es zur „Sauerstoffrevolution“ Geologische Untersuchungen deuten darauf hin, dass es bereits vor drei Milliar- den Jahren fotosynthetisierende Prokaryonten gegeben haben muss. Aus ihnen entwickelten sich, vermutlich durch Endosymbiose , die ersten fotoauto- trophen Eukaryontenzellen (siehe Begegnungen mit der Natur, Band 5 und 6), wodurch vor 2,4 Milliarden Jahren der Sauerstoffgehalt in der Atmosphäre relativ rasch anstieg ( „Sauerstoffrevolution“ ). Stanley Lloyd Miller (1930–2007), amerikanischer Biochemiker Harold Clayton Urey (1893–1981), amerikanischer Chemiker organische Verbindungen Durch Variationen des Versuches gelang es, alle 20 in den Proteinen vorkommen- den Aminosäuren, verschiedene Zucker, Fette, fettähnliche Substanzen, Basen Adenin, Guanin, Cytosin, Thymin und Uracil sowie ATP zu synthetisieren. chemische Evolution chemische Reaktionen, in deren Folge Stoffe synthetisiert wurden, die Vorausset- zung für die Entstehung des Lebens waren Protobionten Vorläufer lebender Zellen Koazervate coacervarus (lat.) = gehäuft Mikrosphären hier laufen enzymatische Reaktionen ab, wie zB der Abbau von Glucose; manche Mikrosphären zeigen Wachstum und kön- nen sich durch Knospung vermehren Liposomen von einer Lipoidschicht umhüllt, in der die Lipoide ähnlich angeordnet sind wie bei den Zellmembranen (siehe Band 5) biologische Evolution Entwicklungsgeschichte der Lebewesen erste Lebewesen die ältesten Lebensformen entstanden vermutlich vor über 3,8 Mrd. Jahren fotosynthetisierende Prokaryonten Da der von ihnen produzierte Sauerstoff zunächst überwiegend in chemische Verbindungen eingegangen ist (im Meer gelöstes Eisen wurde oxidiert), kam es vorerst nur zu einer langsamen Sauer- stoffanreicherung in der Atmosphäre. Endosymbiose Nach der„Endosymbiontentheorie“ sind die Chloroplasten aus fotosynthesetrei- benden Prokaryonten (wahrscheinlich Cyanobakterien), die in andere, größere Zellen eingewandert sind, entstanden. Vorläufer der Mitochondrien waren viel- leicht aerobe und heterotrophe Bakte­ rien, die entweder als Endosymbionten (Zellen, die innerhalb anderer Zelle leben) oder als unverdauliche Beute in die Zellen gelangten. Geißeln entwickelten sich aus endosymbiontischen spiraligen Prokaryonten. „Sauerstoffrevolution“ führte zum Absterben von Anaerobiern (jene ausgenommen, die in sauerstofffrei bleibenden Habitaten lebten); Überleben- de entwickelten Anpassungen an die neu- en Umweltbedingungen (zB Zellatmung) 60  Schematische Darstellung der Endosymbiontentheorie Zellkern Spirochaeta Chloro- plasten fotoautotrophes Bakterium Geißel Mitochondrien aerobes Bakterium anaerobe Zelle Tierzelle Pflanzenzelle Endosymbiontentheorie s5w4qd Arbeitsheft Seite 38 M 117 Von der chemischen zur biologischen Evolution Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv

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