Zeitbilder 4, Schulbuch
90 Sturz der Mächtigen: 1991 wird das Denkmal des ersten Chefs der Geheimpolizei Tscheka* (später KGB*) gestürzt. (Fotografie, 1991) „Tauwetter“ Nach dem Tod Stalins im Jahr 1953 setzte in der UdSSR „Tauwetter“ ein: Der neue Parteichef Chruschtschow* verurteilte die brutale Diktatur seines Vorgängers (siehe S. 20). Erstmals wurden Berichte über die unmenschlichen Zustände in den Straflagern Sibiriens veröffentlicht. Chruschtschow wollte den Lebensstandard der Bevölkerung erhöhen. Er ließ auch riesige Gebiete in der Sowjetunion kultivieren, um die Menschen mit genügend Fleisch und Getreide zu versorgen. „Friedliche Koexistenz“ Der „westlichen“ Welt schlug Chruschtschow eine Politik der „friedlichen Koexistenz“ vor: „Kapitalistische“ und „kommunistische“ Staaten sollten friedlich nebeneinander bestehen. Doch der Westen misstraute ihm. Er scheiterte mit seinen Wirtschaftsplänen auch im eigenen Land und wurde schließlich abgesetzt. Sein Nachfolger Leonid Breschnew* kurbelte wieder die Rüstung an. Auch er ließ Andersdenkende in Straflager oder psychiatrische Krankenhäuser bringen. Vom „Wohlstandskommunismus“ konnten die Menschen nur noch träumen. Gorbatschow und das Ende der Sowjetunion Perestroika* und Glasnost* Im Jahr 1985 wurde Michail Gorbatschow kommunistischer Parteichef. Er wollte die Sowjetunion wirtschaftlich und politisch völlig neu gestalten (= Perestroika) und trat für mehr Freiheit und Offenheit (= Glasnost) ein. Erstmals seit Lenin war Kritik an der Partei erlaubt. Auch Nicht-Kommunisten durften nun in das sowjetische Parlament gewählt werden. Staaten erklären ihre Unabhängigkeit Die Entmachtung der bisher alles beherrschenden Kommunistischen Partei (KPdSU) verärgerte viele Funktionäre. Der Wunsch nach völliger Unabhängigkeit von der Moskauer Zentralregierung wuchs in vielen Teilen der Sowjetunion. Die schlechte Versorgungslage, die sich trotz schrittweiser Einführung der Marktwirtschaft nicht verbesserte, trug einiges dazu bei. Bereits 1990 erklärten sich die baltischen Staaten (Estland, Lettland, Litauen) für unabhängig. Gescheiterter Putsch und Auflösung der UdSSR Mit einem Putsch wollten kommunistische Funktionäre und Offiziere 1991 noch einmal die Macht an sich reißen – doch dies scheiterte. Gorbatschow musste als Parteichef zurücktreten. Sein Rücktritt als Staatspräsident wenige Monate später führte zur endgültigen Auflösung der Sowjetunion. Auch der Warschauer Pakt löste sich auf. Aus Gorbatschows Buch „Perestroika“ (1987) Q Unsere Gesellschaftsform hat Vollbeschäftigung garantiert und für soziale Sicherheit gesorgt. Gleichzeitig aber hat sie versäumt, den wachsenden Bedarf an Wohnungen und Nahrungsmitteln zu decken. Mit verblüffender Genauigkeit fliegen unsere Raketen zur Venus. Aber viele sowjetische Haushaltsgeräte sind von armseliger Qualität. Die Bedürfnisse und Meinungen der einfachen Werktätigen wurden ignoriert. (M. Gorbatschow, Perestroika) Aus dem kommunistischen Parteiprogramm von 1961 Q Im nächsten Jahrzehnt (1961–1970) wird die Sowjetunion die USA – das mächtigste und reichste Land des Kapitalismus – in der Produktion pro Kopf der Bevölkerung überflügeln; (...) allen wird ein gutes Auskommen gesichert; (...) der Bedarf an komfortablen Wohnungen wird im Wesentlichen gedeckt werden; die schwere körperliche Arbeit wird verschwinden; die UdSSR wird zum Land mit dem kürzesten Arbeitstag. Als Ergebnis des zweiten Jahrzehnts (1971–1980) wird es für die gesamte Bevölkerung einen Überfluss an Gütern geben. (B. Meissner, Das Parteiprogramm der KPdSU 1903 bis 1961) Du bist dran • Vergleiche die beiden Textquellen: Welche Ziele werden im Parteiprogramm von 1961 genannt, wie beschreibt Gorbatschow die wirtschaftliche und soziale Lage? Von der Sowjetunion zu Russland und der GUS Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=