Zeitbilder 4, Schulbuch
53 Du bist dran • Vergleicht die beiden Textquellen und besprecht in Gruppen die Ansichten Hitlers und der Nationalsozialisten über Jugend und Erziehung und diskutiert dann in der Klasse: a) Welche Einstellungen zu Kindern verrät die Sprache Hitlers? b) Was stand in der NS-Erziehung im Vordergrund? c) Was sollte durch die Erziehung und den Unterricht erreicht werden? d) Welche Aufgabe sollten die Mädchen erfüllen? e) Welche Haltungen sind in einer Demokratie wichtig und sollen schon im Kindheits- und Jugendalter vermittelt werden? So endete es: der 16-jährige Luftwaffen- helfer Hans-Georg Henke in den letzten Kriegstagen 1945. Er gehörte zu „Hitlers letztem Aufgebot“, das die Wehrmacht bei der Verteidigung Deutschlands unterstützen sollte. (Fotografie, 1945) Der Historiker Benjamin Ortmeyer analysiert die Vorstellungen Hitlers von der Erziehung Q Wenn Hitler über Erziehung spricht, fällt zunächst auf, dass er dazu Begriffe benutzt wie „hineinhämmern“, „hineinbrennen“ oder „heranzüchten“. Auch vom „gegebenen Menschenmaterial“ ist die Rede. Die Entwicklung der Persönlichkeit des Einzelnen wird hier in aller Deutlichkeit abgelehnt. Hitlers Ideal ist vielmehr der widerspruchslos Gehorchende. Ohne Umschweife erklärt er, was ein Jugendlicher können muss: „Er soll lernen, zu schweigen, nicht nur, wenn er mit Recht getadelt wird, sondern soll auch lernen, wenn nötig, Unrecht schweigend zu ertragen.“ Was Hitler unter „Erziehung“ versteht, skizziert er in einem in sich geschlossenen Abschnitt von „Mein Kampf“, dem Abschnitt „Erziehungsgrund- sätze des völkischen Staates“. Die entscheidende Stelle lautet: „Der Völkische Staat hat seine gesamte Erziehungsarbeit in erster Linie einzustellen auf das Heranzüchten kerngesunder Körper. Erst in zweiter Linie kommt dann die Ausbildung der geistigen Fähigkeiten. Hier aber wieder an der Spitze die Entwicklung des Charakters, besonders die Förderung der Willens- und Entschluss- kraft, verbunden mit der Erziehung zur Verantwortungsfreudigkeit, und erst als letztes die wissenschaftliche Schulung.“ Das „Heranzüchten kerngesunder Körper“ war für Hitler bei den Jungen Erziehung zum Soldaten. Die Mädchen sollten zu Frauen erzogen werden, die „wieder Männer zur Welt zu bringen vermögen“. „Charakter und Willensbildung“ bezog sich in Hitlers „völkischer Erziehung“ nicht auf den Einzelnen, sondern auf das zentral geführte „völkische Ganze“. Dies stellt das Gegenteil zur heutigen Pädagogik dar, die das individuelle Selbstbewusstsein und das individuelle Verantwortungsbewusstsein der Schülerinnen und Schüler stärken will. Die wissenschaftliche Schulung stand dabei an letzter Stelle. Die Volksschüler, die 90 Prozent der Gesamtschülerzahl darstellten, bekamen selbst Grundwissen nur in grob verkürzter Form vermittelt. Von besonderer Bedeutung ist dabei Hitlers Aussage, dass die Jugendlichen ihr ganzes Leben nicht mehr frei würden, und sein Zusatz, sie seien jedoch glücklich dabei. Die Erzeugung dieses Glücksgefühls, das mit einer völligen Entmündigung der Jugendlichen einherging, war in der Tat ein Schlüssel für den Erfolg bei der Heranzüchtung von Soldaten, die freudig in den Tod gehen sollten. (B. Ortmeyer, Schulzeit unterm Hitlerbild) Unterrichtsalltag Q Geschichtsunterricht wurde das Kernfach einer politischen Erziehung mit dem Ziel, eine begeisternde, heldische Weltanschauung zu vermitteln und den „Wehr- und Rassegedanken“ planmäßig zu fördern. Selbst der Religionsunterricht war Unterricht im Nationalsozialismus: Er begann und endete mit „Heil Hitler“, die Pläne Gottes und des Führers galten als gleichwertig, das Alte Testament wurde abgelehnt als „Spiegelbild jüdischen Geistes“ und das „positive Christentum“ der Deutschen Christen vermittelte Jesus als Held, der „von den Juden erschlagen wurde“. Ab Frühjahr 1934 gab es wöchentlich einen „Deutschen Tag“ zur körperlichen wie politischen Erziehung der Schuljugend. (www.zukunft-braucht- erinnerung.de) Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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