Zeitbilder 4, Schulbuch
32 Die politischen Parteien Die Koalition von Christlichsozialen und Sozialdemokraten brach schon 1920 auseinander. Von da an standen sich das bürgerliche und das sozialistische Lager feindlich gegenüber. „Rot“ Die Sozialdemokratie war in zwei Flügel geteilt. Karl Renner vertrat die Richtung, welche zu einer Zusammenarbeit mit anderen demokratischen Parteien bereit war. Die andere Richtung verfolgte Otto Bauer*, der die Zusammenarbeit mit bürgerlichen Parteien ablehnte. Er vertrat die Lehre von Karl Marx: Die arbeitende Klasse werde letztendlich die Macht im Staat übernehmen. Der Weg dorthin führe jedoch nicht über eine Revolution, sondern über demokratische Wahlen. In diesem Sinn beschlossen die Sozialdemokraten auf einem Parteitag 1926 das „Linzer Programm“ mit einer Warnung an die bürgerlichen Parteien: Der „Karl-Marx-Hof“ in Wien als Beispiel für den sozialen Wohnbau durch die sozialdemokratische Landesregierung: Solche Bauten wurden in der Zwischenkriegszeit für ganz Europa zum Vorbild. Das „Rote Wien“ war fest in sozialdemokratischer Hand und stand im Gegensatz zu den bürgerlich regierten „Schwarzen Bundesländern“. (Fotografie, 1930) Aufmarsch der Heimwehr: (linkes Bild) Jeden Sonntag marschierten die bewaffneten Wehrverbände und beherrschten das Straßenbild wie hier auf der Wiener Ringstraße. (Fotografie, 1932) Aufmarsch des Republikanischen Schutzbundes in Eisenstadt (rechtes Bild, Fotografie, 1932) Aus dem „Linzer Programm“ Q Gelingt es der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, die manuellen und die geistigen Arbeiter in Stadt und Land zu vereinigen, so gewinnt sie die Mehrheit des Volkes. Sie erobert durch die Entscheidung des allgemeinen Wahlrechts die Staatsmacht. Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei wird die Staatsmacht in den Formen der Demokratie ausüben. Wenn sich aber die Bourgeoisie* gegen die gesellschaftliche Umwälzung durch planmäßige Unterbindung des Wirtschaftslebens, durch gewaltsame Auflehnung, durch Verschwörung mit ausländischen gegenrevolutionären Mächten widersetzen sollte, dann wäre die Arbeiterklasse gezwungen, den Widerstand der Bourgeoisie mit den Mitteln der Diktatur zu brechen. (A. Kadan, A. Pelinka, Die Grundsatzprogramme der österreichischen Parteien) Du bist dran • Fasse die wesentlichen Aussagen des „Linzer Programms“ stichwortartig zusammen. „Schwarz“ Die Christlichsoziale Partei stellte von 1920 bis 1938 fast durchgehend den Bundeskanzler. Langjähriger Obmann der Partei und auch Bundeskanzler war der katholische Priester Ignaz Seipel. Seine Politik war, den Aufstieg des Sozialismus durch ein Bündnis seiner Partei mit anderen bürgerlichen Parteien – dem „Dritten Lager“ – zu verhindern („Bürgerblockpolitik“). Kleine Parteien Die Kommunistische Partei blieb sehr klein und politisch bedeutungslos. Das nationale Lager (Großdeutsche Volkspartei und Landbund) war zwar auch klein, hatte jedoch als Koalitionspartner der Christlichsozialen einigen Einfluss. Die Dauerkrise der Demokratie Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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