Zeitbilder 4, Schulbuch

135 Politische Parteien Schon im April 1945 waren drei Parteien wieder gebildet worden: • die Sozialistische Partei Österreichs (SPÖ) als Nachfolgerin der Sozialdemokratischen Partei der Ersten Republik; • die Österreichische Volkspartei (ÖVP) als Nachfolgerin der Christlichsozialen Partei; • die Kommunistische Partei (KPÖ), die schon in der Ersten Republik bestand. Provisorische Staatsregierung Am 27. April, als in Westösterreich noch gekämpft wurde, einigten sich die Politiker dieser drei Parteien auf eine gemeinsame „Provisorische Staatsregierung“. Diese verkündete noch am gleichen Tag mit der „Unabhängigkeitserklärung“ die Wiederherstellung der Republik. Erst nach einigen Monaten anerkannten auch die westlichen Alliierten und die westlichen Bundesländer diese provisorische Regierung. Damit war endlich die politische Einheit Österreichs gesichert, obwohl die vier Besatzungsmächte (siehe S. 136 f.) das Land teilten. „Entnazifizierung“ „Nazi“-Opfer und „Nazi“-Täter Viele Österreicherinnen und Österreicher hatten gegen den Nationalsozialismus Widerstand geleistet. Tausende mussten dafür mit ihrem Leben bezahlen. Was aber sollte mit den etwa 500000 ehemaligen Parteimitgliedern geschehen, die zum Teil begeisterte, ja fanatische Anhänger Hitlers gewesen waren? Einige hatten sich aktiv an den Gräueln des NS-Regimes beteiligt. Verbote und Volksgerichte Schon im Mai 1945 wurde die NSDAP verboten. Jede Wiederbetätigung für diese Partei wurde unter strenge Strafe gestellt. 28148 Personen wurde von so genannten Volksgerichten der Prozess gemacht. Knapp die Hälfte wurde schuldig gesprochen, davon 43 Todesurteile verhängt (und 30 vollstreckt). Ehemalige Nationalsozialisten durften keine öffentlichen Ämter bekleiden, daher wurden 150000 Beamte entlassen. Sie durften auch an den ersten Wahlen im November 1945 nicht teilnehmen. „Mitläufer“ oder „echte Nazis“ Die „Entnazifizierung“ wurde bald zu einer rein bürokratischen Angelegenheit. Über die Frage, wer ein „echter Nazi“ oder „nur Mitläufer“ war, gingen die Auffassungen weit auseinander. Im Jahr 1949 wurden schließlich etwa 480000 ehemalige Nationalsozialisten als „minderbelastete Personen“ begnadigt. Österreich als „Opfer“ Schon 1943 hatten die Alliierten in einer gemeinsamen Erklärung, der „Moskauer Deklaration“, beschlossen, Österreich als freien und selbstständigen Staat wiedererstehen zu lassen. Sie erkannten Österreich als erstes „Opfer“ der Angriffspolitik Hitlers an. Gleichzeitig stellten sie aber auch fest: Karl Renner war auch an der Gründung der Ersten Republik beteiligt. Aus der Moskauer Deklaration Q Österreich wird jedoch darauf aufmerksam gemacht, dass es für die Beteiligung am Krieg auf Seiten Hitlerdeutschlands die Verantwortung trägt, der es nicht entgehen kann, und dass bei einer endgültigen Regelung unvermeidlich sein eigener Beitrag zu seiner Befreiung berücksichtigt werden wird. (N. Schausberger, Der Weg der Republik 1918–1980) Du bist dran • Schildere in eigenen Worten die Situation in Österreich zu Kriegsende mit Hilfe des Autorentextes sowie des Zeitungsausschnittes aus „Neues Österreich“. • Nenne die Parteien, die zur Zeit im österreichischen Parlament vertreten sind. • Diskutiert in der Klasse und bezieht euch auf den Autorentext und die Textquellen: War Österreich lediglich Opfer der Angriffspolitik Hitlers oder war es aktiv am Krieg beteiligt? Wie wurden „Täter“ und „Mitläufer“ unterschieden? Du bist dran • Stellt fest, ob und wie diese Forderungen aus der Moskauer Deklaration erfüllt wurden (siehe S. 60 f.). Österreich II – Die Zweite Republik Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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