Zeitbilder 4, Schulbuch

128 Juma ist ein 10-jähriger Junge aus dem afrikanischen Land Tansania. Seit die Mutter gestorben ist, hat sich für ihn alles verändert. Mit der Stiefmutter kommt er nicht klar und sein Vater trinkt. Eines Tages hält Juma es nicht mehr aus und haut ab in die große Stadt, nach Dar es Salaam. Das Leben auf der Straße ist hart und gefährlich, auch wenn Juma dort neue Freunde findet: Moussa, Nyota, Akbar, Saidi und Muhamedi. Sie schlagen sich mit Betteln und kleinen Gelegenheitsjobs durch, lernen Gewalt und Hunger kennen. (Nasrin Siege, Juma – ein Straßenkind aus Tansania) Juma – ein Straßenkind aus Tansania Moussa ist müde und traurig. Er hat Hunger, und wir geben ihm etwas zu essen. Als es dunkel wird, machen wir ein Feuer, und Muhamedi holt wieder seinen Klebstoff hervor. „Probiert doch mal“, sagt Nyota zu Akbar. „Das ist gut! Du vergisst deine Sorgen, nichts stört dich, du vergisst sogar, dass du eben noch Hunger gehabt hast!“ Als Moussa nach der Dose greifen will, tritt Akbar gegen seine Hand, und Moussa schreit auf. „Dieses Mistzeug!“, schreit Akbar wütend. „Weißt du denn nicht, dass du dabei dein Gehirn verlierst? Und dann vergisst du alles! (...)“ Der kleine Moussa verschwindet für ein paar Tage. (...) Plötzlich steht Nyota ganz außer Atem vor mir. „Moussa ist wieder da!“, sagt er aufgeregt. (...) Moussa sitzt auf einem Bordstein und starrt schweigend vor sich hin. Die Autos fahren dicht an ihm vorbei, aber Moussa kümmert das nicht. Es ist, als sei er gar nicht richtig da. (...) Wir helfen Moussa vom Bordstein auf und gehen ganz langsam mit ihm durch die Stadt. Zum Glück regnet es nun nicht mehr, und die Sonne schickt ihre ersten warmen Strahlen. Moussa wimmert und geht merkwürdig gebückt. Er scheint Schmer- zen zu haben. Immer wieder legt er sich einfach hin, egal wo er gerade ist. Schließlich trägt Saidi ihn auf den Armen weiter und legt ihn unter einen schattigen Baum am Strand. (...) „Hat der Mann dir wehgetan?“, fragt Saidi leise, und Moussa nickt, während ihm die Tränen übers Gesicht laufen. „Weißt du, wo er wohnt?“, fragt Akbar. Moussa schüttelt den Kopf, wendet sich von uns ab und schließt die Augen. (...) Als Moussa eingeschlafen ist, betrachte ich seinen kleinen zusammengekrümmten Körper. Seine kur- ze blaue Hose und das neue T-Shirt, das wir ihm vor ein paar Tagen auf dem Altkleidermarkt in Karia- koo gekauft haben, sind schmutzig und zerrissen. Was hat der Mann bloß mit dir gemacht, Moussa? Meine Gedanken tun weh, und ich spüre plötzlich, wie mir das Atmen schwer fällt. Ich habe eine so große Wut in mir! Eine so große Wut! (...) Wie lange ist es nun schon her, dass Mutter ge- storben ist? Seit wann bin ich in Dar? Ich versu- che nachzurechnen. Ich bin gekommen, bevor der Regen begann, und jetzt scheint er vorbei zu sein. Dann bin ich vielleicht schon seit einem hal- ben Jahr hier? Ich hab so viel erlebt, und mir ist, als wäre ich schon ewig hier, als würde ich meine neuen Freunde schon sehr lange kennen. (...) Ich versuche mich an Mutters Gesicht und an unser Haus zu erinnern. Aber das fällt mir schwer. Auch Mutter ist weit weg. (...) Am liebsten möchte ich schreien. Vielleicht ist es besser, alles, was früher war, zu vergessen. Manchmal habe ich das Gefühl, als würde ich schon immer auf der Straße leben, als würde ich nur träumen, dass ich früher in einem Haus gewohnt habe, Eltern hatte und einen klei- nen Bruder. Das Leben hier, das ist die Wirklich- keit! Alles andere gibt es für mich nicht mehr! (...) Ein paar Mal bin ich schon am Zentrum vorbeige- kommen. Daneben befindet sich ein Geschäft, in dem vor allem Touristen einkaufen, und da ist auch noch ein Eisladen. Eis ist das Essen der reichen Leute. Eine Eiskugel ist so teuer wie ein ganzes Mittagessen und macht nicht einmal satt. Wenn ich einmal viel Geld habe, kaufe ich mir auch Eis – ein- fach so zum Spaß! (...) Du bist dran • Schildere, unter welchen schrecklichen Lebensumständen Juma, Moussa, Nyota,  Akbar, Saidi und Muhamedi leiden und wie sie versuchen damit zurechtzukommen. • Diskutiert, durch welche Maßnahmen der Politik, der Wirtschaft, eventuell durch private Aktionen Einzelner man verhindern könnte, dass Kinder auf der Straße leben müssen. Leseecke Nur zu Prüfzwecken – Eigentu d s Verlags öb

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