Literaturräume, Schulbuch

Die literarische Bedeutung der Zeitschriften liegt nicht nur in der Förderung der Lektüre. Sie bilden auch eine wichtige Plattform für die in der Aufklärung schreibenden Frauen, auch wenn diese sich über die Dominanz und Kontrolle der schreibenden Männer zu beklagen haben. So bedauert die damals als Romanautorin sehr hoch geschätzte Autorin Christina Mariana von Ziegler (1695–1760): „Ich bin gewiss versichert, dass, so lange sich das Frauenzimmer in die Mode, Bücher herauszugeben, gemenget hat, fast keine einzige Schrift von ihnen zum Vorschein gekommen sei, die nicht vorher durch eine im Schreiben geübte Mannsperson durch- gesehen worden wäre.“ Eine weitere bedeutende Autorin der Zeit, die vor allem als Dramatikerin wichtige Luise Adelgunde Victorie Gottsched (1713–62), kritisiert die Doppelbelastung für schreibende Frauen: „Hier muss ich meinen Kopf täglich mit wahren Kleinigkeiten, mit Haus- und Wirtschaftssorgen füllen, die ich von Kindheit an für die elendsten Beschäftigungen eines denkenden Wesens gehalten habe.“ Veränderte Lesegewohnheiten Nicht nur die Zeitschrift, auch das Buch steht im Dienst der Aufklärung. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ändert sich das Leseverhalten wesentlich. Nicht mehr das intensive Lesen von einigen wenigen Büchern oder gar nur einem Buch, wie zumeist der Bibel, religiösen Erbauungs­ schriften oder Kalendern, bestimmt die Lektüregewohn­ heiten, sondern das extensive Lesen. Man liest weniger ge­ nau, aber dafür mehr. Im 18. Jahrhundert entwickelten sich auch die heute noch bedeutenden Verlagsstädte Frankfurt am Main und Leipzig. Wie die Leser und Leserinnen zum Buch kommen Leihbibliotheken und Lesegesellschaften erleichterten den Zugang zu den Büchern. Letztere waren private Gruppen, die gemeinsam Neuerscheinungen kauften und weiterga­ ben. Der private Charakter des Lesens machte diese Lese­ zirkel in den Augen der absolutistischen Herrscher oft ver­ dächtig. Hohe Mitgliedsbeiträge schränkten allerdings die Zugehörigkeit zu den Lesegesellschaften auf Adel und ge­ hobenes Bürgertum ein. Die Mittelschichten, vor allem auch Studenten, bedienten sich der Leihbibliotheken. Auch Stellung und Zahl der Schriftsteller ändern sich durch die neuen Lesegewohnheiten. Zum nebenberuflich schrei­ benden Gelehrten oder Beamten, der von meist adeligen Mäzenen abhängt, tritt der von Markt und Verleger abhän­ gige „freie“ Schriftsteller. 87 DIe lIteraturübersIcht Enzyklopädien und Lexika INFO Die Aufklärung, die auf Belehrung und Bildung setzt, ist auch die erste große Epoche der Enzyklopädien und Lexika. Auch hier kamen wichtige Anstöße aus Frankreich: das Diction­ naire historique et critique (1694–97) von Pierre Bayle, das von Johann Christoph Gottsched als „Historisches und Critisches Wörterbuch“ ins Deutsche übersetzt wurde, und die Encyclopédie, die von d’Alembert und Denis Diderot herausgegeben wurde (1751–72). Die erste große deutsche Enzyklopädie veröffentlicht der Verleger Johann Heinrich Zedler zwischen 1732 und 1754. Sie ist das größte bis dahin gedruckte Universallexikon des Abendlandes und umfasst 64 Bände mit rund 750.000 Artikeln auf 62.571 Seiten. Der Titel: Das Grosse vollständige Universallexikon aller Wissenschaften und Künste […]: Darinnen so wohl die Geographisch-Politische Beschreibung des Erd-Creyses nach allen Monarchien, Kaeyserthuemern, Königreichen, Fürsten- thümern, Republiquen, freyen Herrschafften, Laendern, Staedten, See-Haefen, Vestungen, Schlössern, Flecken, Aemtern, Kloestern, Gebuergen, Paessen, Waeldern, Meeren, Seen […]. Als auch eine ausführliche Historisch- Genealogische Nachricht von den Durch- lauchten und berühmtesten Geschlechtern in der Welt, dem Leben und Thaten der Kaeyser, Koenige, Churfuersten und Fuersten, grosser Helden, Staats-Minister, Kriegs-Obersten […] Die Veränderung des Lesens in Zahlen INFO – Romanneuerscheinungen pro Jahr: 1700: 10; 1800: 500 – Anteil der religiösen Bücher an der Buchproduktion: 1740: 40%; im Jahr 1800: 13% – Anteil der Bücher deutscher Sprache an der Buchproduktion: Anfang des 18. Jahrhunderts: 50% der Produktion; im Jahr 1740: 73%, Ende des 18. Jahrhunderts: 87% – Anteil der Unterhaltungsliteratur am Buchmarkt: 1740: 5%; 1800: 21% – Anzahl der „freien“ Autoren in Deutschland: 1773: 3000; 1787: 6000 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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