Literaturräume, Schulbuch

86 DIe lIteratur Der aufklärung (1720–1770) Die Religion der Aufklärung: Deismus, Pantheismus und Pietismus Der Deismus – Gott kümmert sich nicht mehr um die Welt Die meisten Aufklärer waren Vertreter des Deismus. Gott wird als Schöpfer der Welt angesehen, der alle Dinge so geregelt habe, dass ein harmonisches Geschehen ablaufe, ähnlich wie bei genau eingestellten Uhren. In die Entwicklung der Welt greift Gott aber nicht mehr ein. Die Ordnung aufrechtzuerhalten ist Aufgabe des Men­ schen. Der Pantheismus: Gott und Welt sind identisch Wichtig für die Religionsauffassung der Aufklärung wurden auch die Ideen von Baruch Spinoza (1632–77). Er wandte sich gegen die Auffassung, dass es einen außerweltlichen Schöpfer, nämlich Gott, und das von ihm Er­ schaffene, nämlich die Welt, gäbe. Spinoza vertrat die Auffassung, Gott und die Welt seien eine einzige Substanz. Alles sei ein Teil des Ganzen und untereinander ebenbürtig. Der Pantheismus kritisierte auch die absolutistischen Regierungen, denn in einer Welt, in der alles ebenbürtig ist, haben Willkür und Unterdrückung keinen Platz. Gotthold Ephraim Lessing bekannte sich offen zu Spinozas Ideen, was ihm harsche Kritik der kirchlichen und weltlichen Autoritäten einbrachte. Der Pietismus: Frömmigkeit statt Dogmen Für den Pietismus ist der Einzelne mit seiner persönlichen Gotteserfahrung ebenso wichtig wie die Kirche als Institution. Man fordert stärkere Einbindung der Laien in das kirchliche Leben, Frömmigkeit und brüderliche Liebe statt theologischer Spitzfindigkeiten. DIe lIteraturübersIcht Schreiben als Dienst an der Aufklärung Dichten ist Belehren Die Literatur der Zeit sieht ihre Aufgabe in der Vermittlung der aufklärerischen Ideen. Besonders deutlich hat dies der Dichter und Professor für Poesie Johann Christoph Gottsched (1700–66) in seinemWerk „Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Deutschen“ (1730) ausgesprochen. Dichtung soll auf angenehme und verständ­ liche Weise die Menschen geistig und moralisch unterweisen: Der Poet wählet sich einen moralischen Lehrsatz, den er seinen Zuschauern auf eine sinnliche Art einprägen will. Dazu ersinnt er sich eine allgemeine Fabel [= Motiv, Stoff]. Hiernächst sucht er in der Historie solche berühmte Leute, denen etwas Ähnliches begegnet ist. […] Die ganze Fabel hat nur eine Hauptabsicht: nämlich einen moralischen [Lehr]satz. Die Rolle der Zeitschriften Zur Verbreitung der Aufklärungsideen trugen die Zeitschriften bei, insbesondere die „Moralischen Wochen­ schriften“, die sich an das wohlhabende Bürgertum wandten. Sie behandelten auf meist 8 Seiten in Form von kurzen Erzählungen, Dialogen und Diskussionen Themen des Alltags: Haushalt, Erziehung, Bildung der Frau, Be­ nehmen, Tabakrauchen, Kartenspiel, Kaffeetrinken. Bedeutende Wochenblätter waren die von den Schweizer Literaturkritikern Bodmer und Breitinger herausgegebenen „Discourse der Mahlern“ – jeder Autor signierte seinen Beitrag mit dem Namen eines berühmten Malers – und Gottscheds „Vernünftige Tadlerinnen“. Beide widmeten sich vor allem der Kunst und Literatur. Die Auflagen der Wochenblätter blieben meist unter 1000 Stück. Sie scheiterten oft aus finanziellen Gründen nach einigen Jahren, so auch die wöchentlichen „Briefe, die Neueste Literatur betreffend“, bei denen Gotthold Ephraim Lessing (1729–81) federführend war und die sich vor allem der Literaturkritik widmeten. 2 4 6 8 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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