Literaturräume, Schulbuch
80 DIe lIteratur Des barock (1600–1720) Gibt es schöne und hässliche Wörter? Manche im Zuge des neuen Sprachbewusstseins im Barock geschaffene Wörter wie Augenblick für Moment, Ausflug für Exkursion, Briefwechsel für Korrespondenz, Anschrift für Adresse, Fernrohr für Teleskop, leidenschaft- lich für passioniert, Lustspiel für Komödie, Mundart für Dialekt gehören durchaus zu unserem Alltagswortschatz. Ebenso unverzichtbar sind die von dem Grammatiker Johann Schottelius (1612–76) eingeführten Begriffe wie Sprachlehre statt Grammatik, Zeitwort für Verbum, Fragezeichen für Signum interrogationis oder Strichpunkt für Semikolon. Manche Neuschöpfungen konnten sich aber nicht durchsetzen. Zu ihnen gehören Tageleuchter für Fenster, Zitterweh für Fieber, Löschhorn oder Gesichtserker für Nase, Meuchelpuffer oder Reitpuffer für Pistole, Zeugemutter für Natur, Jungfernzwinger für Nonnenkloster, Dörrleiche für Mumie, Lotterbett für Sofa. Möglicher weise waren Absonderlichkeit und Mangel an Ästhetik ausschlaggebend. Bedrohte Wörter Fachleute schätzen, dass pro Jahr nahezu tausend neue Wörter ins Deutsche einfließen. Eine große Anzahl alter Wörter geht aber auch verloren. Das können Modewörter sein, die sich inzwischen überlebt haben, oder Wörter, die in Vergessenheit geraten, weil die Dinge, die sie bezeichnen, verschwinden. Auskunft über die in den letzten Jahren „ausgestorbenen“ und eine Rote Liste der bedrohten Wörter finden Sie unter http://www.bedrohte woerter.de/. Die schönsten Wörter Im Jahr 2004 riefen die „Gesellschaft für deutsche Sprache“ und das GoetheInstitut zur Wahl des schönsten deutschen Wortes auf. Teilnehmen konnte jedermann per Brief oder Mail. 22.838 Einsender weltweit beteiligten sich. Auf den Plätzen eins bis fünf landeten: „Habseligkeiten, Geborgenheit, Lieben, Augenblick, Rhabarber- marmelade“ . Entscheidend für die Reihung war nicht die Anzahl der Punkte, sondern die Originalität der Be gründung. Das schönste Kinderwort Im Wettbewerb um das schönste Wort der Kinder machte die „Libelle“ das Rennen. Der zehnjährige Einsender meinte, er liebe Wörter mit „l“. Libelle hätte sogar drei davon: „Das Wort lässt sich irgendwie so leicht sprechen. Das flutscht so auf der Zunge. Aber ich finde auch, dass Libellen so schön flattern, und genau das erkennt man auch in dem Wort. Das Wort macht, dass man diese Tiere von Anfang an mag und keine Angst vor ihnen hat. Würde das Tier „Wutzelkrump“ oder so heißen, dann wäre das nicht so.“ Die stimmenstärksten Wörter Am meisten Stimmen erhielten folgende Wörter: „Lieben, Gemütlichkeit, Sehnsucht, Heimat, Kindergarten, Frei- heit, gemütlich, Frieden, Sonnenschein und Schmetterling“. AUFGABEN > Versuchen Sie eine Erklärung, weshalb gerade die zitierten Wörter so viele Stimmen erhalten haben; analysieren Sie, was diesen Wörtern gemeinsam ist! > Wählen Sie in der Klasse a) Ihre Lieblingswörter nach dem Kriterium der originellsten Begründung b) Ihre Lieblingswörter nach der Anzahl der erhaltenen Punkte: Vorschlag: Jeder Schüler/jede Schülerin notiert drei Lieblingswörter und gibt ihnen drei Punkte, zwei Punkte und einen Punkt. c) Ihr österreichisches Lieblingswort: Powidltatschkerl, pfitschigogerln, Kolatsche, Drahdiwaberl … > Wählen Sie unter http://wwwoedt.kfunigraz.ac.at/oewort/ Wort / Unwort / Ausspruch des Jahres! Sie finden dort auch die Wahlergebnisse seit 1999. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=