Literaturräume, Schulbuch

70 die literatur des barock (1600–1720) Der Schäferroman – Flucht in die Idylle Liebespaare, zumeist Hirte und Hirtin in heiterer Landschaft, erbauliche Gespräche über Tugend, Ehre, Moral, Liebe, Verwicklungen, die sich in Harmonie auflösen, kennzeichnen den Schäferroman. Gleichzeitig liefert diese Gattung eine Fluchtmöglichkeit vor den Schrecken des Krieges in die ländliche Idylle. Der erste deutsche Schäfer­ roman ist die „Schäfferey von der Nimpfen Hercynie“ von Martin Opitz (1630). Das Theater: Die ganze Welt ist Bühne Die (englischen) Komödianten sind da Das Theater des 15. und 16. Jahrhunderts wurde im deutschen Sprachraum von Laien gespielt. In England hinge­ gen gab es im 16. Jahrhundert schon Gruppen von Berufsschauspielern, die zum Teil auch auf dem Festland spielten. Die Schauspieler mussten sich vor allem auf Gestik und Mimik verlassen, da das Publikum Englisch nicht verstand. Erst ab 1620 wurde zunehmend in deutscher Sprache gespielt. Auch mit den Stücken Shake­ speares machten die Komödianten das Publikum bekannt, jedoch in Bearbeitungen, welche die Originale auf effektvolle Schauerszenen oder Komik reduzierten. In Österreich und Süddeutschland spielten auch italienische Schauspielertruppen, welche Stücke im Stil der „Commedia dell’arte“ vorführten, einem Improvisationstheater, dessen Handlungsverlauf feststand, im Einzelnen aber auf die Spontaneität der Berufsschauspieler setzte. Pickelhering, Arlecchino und Hanswurst Die Figuren der Komödien waren bestimmte Typen, die zur leichten Identifikation immer in gleichen Kostümen gespielt wurden. Sie waren Träger des Witzes und der Kritik. Solche Typen waren der englische „Pickelhering“ und der italienische „Arlecchino“. Sie wurden zum Vorbild für den österreichischen Hanswurst, den der Grazer Josef Anton Stranitzky (1676–1726) schuf. Gemeinsam mit dem Kasperl wurde der Hanswurst die Hauptfigur der im 18. Jahrhundert blühenden Wiener Volkskomödie. Letzter Vertreter der komischen Typen ist der im 19. Jahrhundert kreierte „Staberl“. Religiöse und moralische Belehrung: das Ordensdrama Moralische und religiöse Belehrung ist das Programm der Ordensdramen. Besonders die Jesuiten, welche die Hauptkraft der katholischen Gegenreformation bildeten, dehnten ihren Wirkungskreis auch auf die Literatur aus. Dominierendes Thema ist der von Gott abgefallene Mensch, der alle Angebote, sich zu bessern, ausschlägt und deshalb verdammt wird. Hauptsünde ist die Hoffart, die „cenodoxia“. „Cenodoxus“ lautet folgerichtig auch der Titel des wichtigsten Werks des Jesuitendramas, verfasst von Jakob Bidermann (1578–1639). Märtyrer­ dramen, in denen tugendhafte Christen schrecklichen Tyrannen gegenüberstehen und so Mitleid mit sich und Abscheu gegenüber dem Tyrannen erwecken, bilden den zweiten Typus des Ordensdramas. Die Bühne: Effekte, Kulissen, Machtdemonstration und Oper Die Wandertruppen spielten oft auf improvisierten Bretterbühnen im Freien, nicht selten wurde auch das Jesui­ tentheater im Freien aufgeführt, um ein großes Publikum zu erreichen. An Fürstenhöfen und in Klöstern setzte sich jedoch die aus Italien kommende Kulissenbühne in festen Räumen durch. Ihre schnellen Verwandlungs­ möglichkeiten mit Hilfe einer großen Theatermaschinerie bestimmen auch heute noch das Theater. An den Hö­ fen wurde diese neue Bühnenform zur Demonstration der Fürstenmacht benutzt. Ein Heer von Mitwirkenden in prunkvollen Kostümen und vor prächtigen Aufbauten lobte Herrschertugend und -weisheit. Oft wurden diese Aufführungen, von denen das Volk ausgeschlossen war, zu tagelangen Festen erweitert und in die Schlossanlagen mit Maskenzügen, Pferdeballetten und sogar Elefantenauftritten ausgeweitet. Für die Repräsentation der Höfe eignete sich besonders die in Italien zu Ende des 16. Jahrhunderts neu geschaffene Oper. Die erste ständige Opernbühne entstand am Wiener Hof (1631). Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des V rlags öbv

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