Literaturräume, Schulbuch

67 DIe lIteraturübersIcht Für die Reinheit der deutschen Sprache Eine wichtige Rolle bei der Durchführung des dichterischen Reformprogramms spielten die „Sprachgesell­ schaften“, Vereinigungen von Dichtern, Sprachund Literaturinteressierten. Wollte die deutsche Literatur eben­ bürtig werden, musste es zuvor auch die deutsche Sprache sein. Deshalb bemühten sich diese Gesellschaften um die „Reinheit“ und Eigenständigkeit der mit vielen Fremdwörtern durchsetzten deutschen Sprache. Vor allem Ausdrücke aus dem Französischen waren „à la mode“. Übersetzungen wichtiger fremdsprachiger poetischer Werke ins Deutsche, die Diskussion über Fragen der Grammatik oder der Poetik, aber auch Praktisches, wie Ver­ lags und Druckkostenfragen, sollten die deutsche Sprache und Literatur fördern. Die erste und bedeutendste Gesellschaft war die „Fruchtbringende Gesellschaft“, gegründet 1617. Daneben bestanden die „Aufrichtige Tan­ nengesellschaft“ (1633), die „Teutschgesinnte Genossenschaft“ (1643) und der „Pegnesische Blumenorden“ (1644) – die einzige Gesellschaft, die auch Frauen aufnahm und überdies bis heute existiert. Neue deutsche Begriffe statt fremder Wörter Viele heute selbstverständliche deutsche Wörter wurden erstmals in den Sprachgesellschaften geschaffen. Oft stellten sich die neuen Bildungen neben das fremde Wort und bereicherten das entsprechende Wortfeld inhaltlich oder stilistisch: Tagebuch für Diarium, Nachwort für Epilog, Jahrhundert für Saeculum, Schaubühne für Theater oder Letzter Wille für Testament. Die Lyrik: Lebenslust, Vergänglichkeit, Krieg Die Dichter Die bedeutendsten Verteter der Barocklyrik sind Martin Opitz (1597–1639), Andreas Gryphius (1616–64), Paul Fleming (1609–40), Christian Hofmann von Hofmanns- waldau (1617–79) und Friedrich Logau (1604–55). Opitz wird Ihnen vorgestellt mit dem Gedicht „Ach Liebste laß vns eilen“ , Gryphius mit „Alles ist eitel“ und „Grabschrifft Marianae Gryphiae seines Brudern Pauli Töchterlein“ . Von Fleming finden Sie „Ein getreues Herze wissen“ , von Logau das Gedicht „Des Krieges Buchstaben“ (1) . Die Ge­ dichte sind in der den Quellen entnommenen, kaum ge­ regelten Schreibweise des Barock wiedergegeben. Vanitas und Constantia Die Betrachtung des Zeitgeschehens stimmt die Dichte­ rinnen und Dichter des Barock pessimistisch. Vergänglich­ keitsstimmung verdrängt den Optimismus der Renais­ sance. „Vanitas“ – die „Eitelkeit“ und Vergänglichkeit alles Irdischen – wird zu einem beherrschenden Thema der Li­ teratur, insbesondere der Lyrik. Je mehr Lebenszeit die Dichter im Banne des Dreißigjährigen Krieges verbringen müssen, umso stärker drückt sich der VanitasGedanke in ihrem Werk aus: Leben, Liebe, Mensch sind dahin wie „eine Wisen-Blum / die man nicht widerfindt“ . Verbun­ den mit dem VanitasGedanken ist die Tugend der „Constantia“, die auf die Antike zurückgehende Forderung nach Gelassenheit gegenüber dem Schicksal, das nicht zu ändern ist. Carpe diem Dichter wie Martin Opitz, deren Jugend noch in die Zeit vor dem Krieg fällt, verfassen Liebesgedichte, die zwar von der Vergänglichkeit der Liebe handeln, aber dennoch ihre Freuden feiern. Die Aufforderung „Carpe diem“ – „Nütze den Tag“ – ist ein häufiges Motiv dieser Lyrik. Oft ist mit diesem Motiv auch die Lobpreisung der Schön­ heit des Frauenkörpers verbunden. Ein weiteres Motiv der Liebesgedichte ist die Treue. In den Wirren der Zeit wird vom Dichter die Beständigkeit der Liebe beschworen, die Dauer und Sicherheit geben soll. Zwei wichtige Gedichtformen: Sonett und Epigramm INFO Das Sonett ist eine in der Literatur von Renaissance und Barock sehr beliebte Gedicht­ form mit folgenden Charakteristika: Strophen: zwei vierzeilige und zwei dreizeilige (Quartette und Terzette). Verse: Alexandriner (sechsfüßiger Jambus mit Zäsur nach der dritten Hebung). Reim: in den Quartetten häufig umschlungener Reim (abba), in den Terzetten meist ccd eed. Das Epigramm ist nach der Definition von Opitz eine kurze Satire, die sich durch eine Pointe auszeichnet. Ziel ist die Belehrung. Die Barock­ autoren bezeichnen das Epigramm oft als „Sinngedicht“. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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