Literaturräume, Schulbuch
62 Die berühmteste Figur der deutschsprachigen Literatur Faust – eine reale Person Viele Literaturen haben ihre berühmten Symbolgestalten: Die antike griechische Literatur hat König Ödipus , Antigone und Medea , die spanische Literatur Don Quijote und Sancho Pansa , die englische Hamlet . Die be rühmteste Figur der deutschsprachigen Literatur ist Faust . Stellungnahmen und Beschreibungen von Zeitgenos sen oder kurz danach belegen, dass Faust eine reale Person war. Der rekonstruierte Steckbrief Fausts Geburtsdatum, Geburtsort: 1480 in Knittlingen (heute BadenWürttemberg) oder Roda (heute Stadtroda in der Nähe von Weimar, Thüringen) Name: Johann oder Georg Sabellicus Faust Eltern, Kindheit: Bauern; von einem vermögenden Verwandten aufgenommen Ausbildung: Studien der Theologie, Alchemie (Vorläuferin der Chemie; ihr Ziel: den Stein der Weisen zu finden, mit dem man unedle Metalle in Gold oder zumindest Silber verwandeln könnte) Akademischer Grad: Magister: 1506 Visitenkarte: „Magister Georgius Sabellicus Faustus junior, fons ne cromantorum, astrologus, magus secundus, chiromanticus, areomanticus, pyro manticus, in arte hydra secundus“ – Quell der Totenbeschwörer, Sterndeuter, Ma gier, Handleser, Luftdeuter, Feuerdeuter, Harnbeschauer Berufe: kurz Schulmeister – wegen „Verführung“ der Schüler entlassen, Magier, Alchemist, medizinische Praktiken Aufenthalte: Erfurt, Bamberg, Nürnberg, Ingolstadt, Köln, Würzburg, Nürnberg, oft aus diesen Städten ausgewiesen, meist aus finanziellen Gründen Gestorben: 1539 oder 1540 wohl in Staufen (BadenWürttemberg); Tod möglicherweise durch eine von ihm bei Versuchen verursachte Explosion Zeugnisse von Zeitgenossen Der Humanist Johannes Trithemius (1462–1516), Abt, selbst Verfasser von „Zauberbüchern“ und Kon- kurrent von Faust: faust taucht auf Das 1. faust-fenster: Jener Mensch, über welchen du mir schreibst, Georg Sabellicus, welcher sich den Fürsten der Nekromanten [= Totenbeschwörer] zu nennen wagte, ist ein Land- streicher, leerer Schwätzer und betrügerischer Strolch, würdig ausgepeitscht zu werden, damit er nicht ferner mehr öffentlich verabscheuungswürdige und der heiligen Kirche feindliche Dinge zu lehren wage. […] Als ich mich später in Speyer befand, kam er nach Würzburg und soll sich in Gegenwart vieler Leute mit gleicher Eitelkeit gerühmt haben, dass die Wunder unseres Erlösers Christi nicht anstaunenswert seien; er könne alles tun, was Christus getan habe, so oft und wann er wolle. In den Fasten dieses Jahres kam er nach Kreuznach, wo er sich in gleicher groß- sprecherischer Weise ganz gewaltiger Dinge rühmte und sagte, dass er in der Alchemie von allen, die je gewesen, der Vollkommenste sei, und wisse und könne, was nur die Leute wünschten. 2 4 6 8 10 12 14 16 18 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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