Literaturräume, Schulbuch
58 renaIssance, humanIsmus, reformatIon (1450–1600) 4 „Die Herren machen das selber, dass ihnen der arme Mann Feind wird.“ Thomas Müntzer: „Hochverursachte Schutzrede“ und „Manifest an die Mansfelder Bergknappen“ (1525) Die harte soziale Lage Zwei Missernten 1523 und 1524 spitzen die soziale Lage in Deutschland zu. Die Masse der Bauern hat nur Kleinstbesitz an Land und ist überdies weltlichen oder geistlichen Grundund Gerichtsherren in Leibeigenschaft verpflichtet. Schnell nehmen im 16. Jahrhundert auch die gänzlich besitzlosen Schichten zu. Sie machen in den Städten oft 50% der Einwohner aus. Auch die soziale Lage vieler Handwerker ist schlecht. Revolten brechen aus, vor allem im Süden Deutschlands. Die Bauern fordern eine Befreiung von den drückendsten Lasten. Stattgege ben wurde ihren Forderungen nicht. Die Aufstände der Bauern fordern etwa 100.000 Menschenleben. Kontra Luthers Appell zur Mäßigung Müntzers „Schutzrede“ wurde gegen die Distanzierung Luthers von den Bauernaufständen verfasst. Müntzer hatte in den Städten, wo es unabhängig von ihm bereits Revolten gegeben hatte, nicht den erwünschten Zulauf gefunden. Deshalb hoffte er die ebenfalls mit ihrer Lage unzufriedenen Bergleute in die Bauernheere eingliedern zu können. Nach dem Zusammenbruch der Revolten wurde Müntzer am 27. 5. 1525 hingerichtet. Hochverursachte Schutzrede Sieh zu, die Grundsuppe des Wuchers, der Dieberei und Räuberei sind unsere Herren und Fürsten, sie nehmen alle Kreaturen zum Eigentum: die Fisch im Wasser, die Vögel in der Luft, das Gewächs auf Erden, alles muss ihnen gehören. Darüber lassen sie dann Gottes Gebot ausgehen unter die Armen und sprechen: „Gott hat geboten: Du sollst nicht stehlen.“ Es halten sie sich aber nicht daran. Da sie nun alle Menschen peinigen, den armen Ackermann, Handwerkmann und alles, das da lebt, schinden und schaben, so wird er erhängt, wenn er sich dann vergreift am Allergeringesten. […] Die Herren machen das selber, dass ihnen der arme Mann feind wird. Die Ursache des Aufruhrs wollen sie nicht wegtun. Wie kann es auf die Dauer gut werden? So ich das sage, muss ich aufrührisch sein! Wohlhin! 2 4 6 8 2 4 6 8 10 12 14 16 10 12 14 16 18 Manifest an die Bergknappen Das ganze deutsche, französisch und welsche Land ist bewegt. […] Zu Fulda sind in der Osterwoche vier Stiftkirchen verwüstet. Die Bauern im Kleegau und Hegau, Schwarzwald sind auf, dreimal tausend stark, und wird der Hauf je länger desto besser. […] Dran, dran, dieweil das Feuer heiß ist. Lasset euer Schwert nit kalt werden! Schmiedet pinke-panke auf den Ambossen, […] werfet ihnen den Turm zu Boden! Es ist nit möglich, derweil sie leben, dass ihr der Furcht könnt leer werden. […] Dran, dran, weil ihr Tag habt. Gott gehet euch vor, folget, folget! […]. Drum lasst euch nit abschrecken. Gott ist mit euch, wie geschrieben […] Dies sagt Gott: Ihr sollt euch nit fürchten. Ihr sollt diese große Menge nit scheuen […] Ihr werdet sehen die Hilfe des Herren über euch […] Amen. Datum zu Mühlhausen im Jahre 1525 Thomas Müntzer, ein Knecht Gottes wider die Gottlosen. 5 Belehren und unterhalten Hans Sachs: „Das Schlaraffenland“ (1530) Komik zieht Den städtischen Bürger- und Handwerkerschichten moralische Lehren zu vermitteln und sie gleichzeitig kreativ tätig werden zu lassen, ist ein wichtiges Bestreben der Meistersinger. Unterhaltsame Inhalte sind beliebt, zum Beispiel das Motiv des Schlaraffenlandes. Der folgende Text ist an unsere moderne Standardsprache angepasst. AUFGABE > Welche Widersprüche klagt Müntzer an? Wohin führen laut Müntzer die Ungerechtigkeiten zwangsweise? AUFGABE > Welche Stilmittel sind für diesen Appell kennzeichnend? Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=