Literaturräume, Schulbuch
52 Renaissance, humanismus, reformation (1450–1600) Wunsch nach politischer Erneuerung Geistigen und politischen Aufbruch aus den Wirren des späten 13. Jahrhunderts erhoffte sich bereits der Floren tiner Dante Alighieri (1265–1321). Er erwartete ein neues Weltkaisertum, welches das Leben Italiens erneuern würde. Später wurden die politischen Ideen von Nicolò Machiavelli (1469–1527) wirksam, der in seinen Werken wie „Il principe“ („Der Fürst“) auch die gewaltsam errungene Macht als legitime Grundlage für ein funktio nierendes Staatswesen betrachtete. Der Begriff Der Begriff Renaissance setzte sich im 19. Jahrhundert in Frankreich durch. Er fand Eingang in den deutschen Sprachgebrauch über die auch heute noch als bahnbrechend angesehene Studie „Die Kultur der Renaissance in Italien“ von Jacob Burckhardt (1859). Humanismus: Bildung und Wissenschaft Gegen vorgegebenes Denken Das Streben nach „humanitas“ kennzeichnet Literatur und Wissenschaft der Epoche. Kern sind die „studia humaniora“: die Pflege der antiken Sprachen und Literaturen. Ziel der Studien ist ein autonomer Mensch, der sich von vorgegebenem Denken löst, fähig ist, seine geistigen Kräfte zu entwickeln, und nicht mehr nur auf das von der Kirche versprochene bessere Leben nach dem Tod wartet. Einer der ersten Humanisten ist Francesco Petrarca (1304–74). Für ihn gibt es drei Gründe, die Antike als Vorbild zu nehmen: die römische Republik als Beispiel einer gerechten Staatsform, die römische Dichtung und das römische Ideal eines selbstbestimmten, auf Lebensbejahung gerichteten Menschen. Aufschwung der Universitäten Das Bestreben, die antiken Quellen im Original zu lesen, förderte den Aufschwung der Universitäten. Die ersten Universitäten im deutschen Sprachraum wurden im 14. Jahrhundert gegründet: Prag 1348, Wien 1365, Heidel berg 1385. Sie lösten die bis dahin weitgehend klösterlichen Hochschulen ab. Die Gründung der Universitäten in den Städten trug der zunehmenden wirtschaftlichen und kulturellen Bedeutung des Bürgertums Rechnung. Zu nächst übernahmen die Universitäten die mittelalterlichen Lehrsysteme: das Trivium (=Dreiweg), bestehend aus Grammatik, Dialektik (= Argumentationskunst), Rhetorik, und das Quadrivium (= Vierweg), bestehend aus Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie. Doch bald wurden neue Schwerpunkte gesetzt. Das Trivium wurde ausgedehnt auf das Studium des Griechischen und des Hebräischen. Das Quadrivium wurde ergänzt durch Experimente und Beobachtungen. Die daraus resultierenden Entdeckungen, wie die von Kopernikus (helio- zentrisches Weltbild), Kepler (Planetenbewegung) und Galilei (Propagierung des heliozentrischen Weltbildes) erregten den Widerstand der Kirche, die ihr Monopol auf die Erklärung der Welt gefährdet sah. Reformation: Kirche und Glaube Forderungen nach kirchlicher Erneuerung und Luthers Thesen Nicht nur die Naturwissenschaften erschütterten die kirchlichen Ansprüche auf die Alleininterpretation der Welt. Bereits in den Konzilien von Konstanz und Basel wurden Forderungen nach kirchlicher Erneuerung laut. Die weltliche Haltung vieler Päpste, denen sexuelle Ausschweifung, Ämterschacher, Mord nicht fremd waren, widersprach den Glaubensgrundsätzen. Auch soziale Kritik an der Kirche wurde laut. Das Bürgertum und der Bauernstand sahen Mönche und Priester als „Nichtstuer“ an. Das beginnende deutsche Nationalgefühl verstärk- te die Abneigung gegen Rom. Luthers Kritik am Ablasshandel (1517), den der Papst eingerichtet hatte, um die Neuerrichtung des Petersdomes zu finanzieren, markiert den Beginn der Reformation. Die Forderung Luthers, die Bibel aus dem griechischen und hebräischen Urtext zu übersetzen, trifft sich auch mit den Ideen der Huma nisten, „ad fontes“ zu gehen, zu den von den kirchlichen Autoritäten nicht verfälschten Textquellen. Nur zu Prüfzweck n – Eigentum des Verlags öbv
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=