Literaturräume, Schulbuch
47 Der leseraum | Der fokus Der fokus Das Problem der Handschriften Einander widersprechende Handschriften Die Texte des Mittelalters sind in Handschriften überliefert; besonders beliebte Werke in sehr zahlreichen, die voneinander nicht selten abweichen und einander manchmal sogar an wichtigen Stellen widersprechen. Manche Handschriften stammen aus der Entstehungszeit der Werke, manche sind hingegen Jahrzehnte später geschrie ben worden. Auch die Qualität (= Genauigkeit) der Schreiber ist unterschiedlich; manche Schreiber „verbessern“ nach ihrem Gutdünken Wörter oder Verse, die sie nicht verstehen. Man spricht dann von der so genannten „Schlimmbesserung“. Handschriften sind nicht selten unvollständig, an manchen Stellen schlecht lesbar. Die Wissenschaft bemüht sich, solche Stellen mit Hilfe von Konjekturen – begründeten Vermutungen – lesbar zu machen, wobei es manchmal zu harten Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Vorschlägen kommt. Manchmal wird durch weitere Handschriftenfunde die eine oder andere umstrittene Konjektur bestätigt oder als falsch erwiesen. Die berühmteste Handschrift Die wohl berühmteste mittelalterliche Literaturhandschrift ist die „Große Heidelberger Liederhandschrift“ – siehe auch S. 33 f. Sie wird auch „Codex Manesse“ oder einfach „Handschrift C“ genannt und wird heute in der Universitätsbibliothek Heidelberg aufbewahrt. Sie besteht aus 426 Pergamentblättern im Format 35,5 x 25 cm. Der „Codex Manesse“ ist um 1300 in Zürich entstanden, wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Sammel tätigkeit der Zürcher Patrizierfamilie Ma nesse, nach der sie ihren heutigen Beinamen hat. Die Handschrift ist eine der Hauptquel len für den „klassischen“ und „nachklas sischen“ Minnesang. Die insgesamt 138 Mi niaturen, welche die Dichter der Werke in idealisierter Form bei höfischen Aktivitäten darstellen, sind eines der bedeutendsten Do kumente gotischer Buchmalerei. Die Bilder sind vielfach im Internet verfügbar, so z. B. unter http://commons.wikimedia.org/wiki/ Codex − Manesse oder unter http://digi.ub . uniheidelberg.de/diglit/cpg848. Ein Österreich-Schwerpunkt im späten Mittelalter Wernher der Gartenære könnte geradezu einen ÖsterreichSchwerpunkt in der Literatur des späteren Mittelalters einleiten. Herrand von Wildonie, Rudolf von Ems und der in Österreich tätige Stricker liefern vor allem Schwänke und volkstümliche Erzählungen, Ulrich von Li(e)chtenstein, Hugo von Montfort, dazu die Südtiroler Leuthold von Säben und Oswald von Wolkenstein sind die großen Lyriker. Schlagen Sie zum Beispiel unter http://austrialexikon.at Erstinformationen zu diesen Autoren nach oder suchen Sie nach Daten und Texten der Autoren mit Hilfe einer der InternetSuchmaschinen! PROJEKT Nur zu Prüfzwecken – E igentum des Verlags öbv
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