Literaturräume, Schulbuch

432 Was ist ein Portfolio? Der Begriff „Portfolio“ hat zwei Bedeutungen. Erstens bezeichnet er eine Zusammenstellung von Dokumenten, die als Ergebnis eines längeren Arbeitsprozesses entstanden sind und die man zum Beispiel in einer Art „Leis­ tungsmappe“ vorzeigen kann. Schon in der Renaissance präsentierten Künstler ein Portfolio, wenn sie sich um Aufträge bewarben. Mit den im Portfolio enthaltenen Dokumenten zeigten sie die Qualität ihrer Arbeit und die Entwicklung ihres Könnens. Zweitens bezeichnet der Begriff eine Methode, mit der man Aufgaben wie Buch­ präsentationen, Leseliste, Maturaspezialgebiete auf selbstständige, weitgehend die eigenen Interessen berück­ sichtigende Art und Weise erarbeiten kann. Was ist ein Leseportfolio? Das Leseportfolio ermöglicht Ihnen: • Ihre persönlichen Fortschritte, z. B. bei der Interpretation, Beschaffung von Literatur, sprachlichen Formu­ lierung von Texten, festzustellen; • Ihre speziellen Interessen und Stärken, z. B. in der kreativen Auseinandersetzung mit dem Gelesenen, zu fördern; • Ihre Teilnahme am kulturellen Leben, z. B. die Besuche von Lesungen, Theateraufführungen, Filmen, für den Unterricht einzubringen; • das von Ihnen Erarbeitete jederzeit zu ergänzen und zu verändern; • Ihre Arbeit formal attraktiv, übersichtlich und geordnet zu gestalten. Die Schritte zum Leseportfolio anhand von Arthur Schnitzlers Drama „Reigen“ (1903) Ein Hinweis: Der Text steht in vielen günstigen Ausgaben oder zum Beispiel unter http://gutenberg.spiegel.de/ schnitzl/reigen/reigen.htm zur Verfügung. Basis für Ihre Arbeit ist die Lektüre des Textes oder ausgewählter Szenen. Nützlich sind Erläuterungen, Kommentare zumWerk. Die in diesem Leseportfolio vorgestellten Arbeits­ aufträge dienen als Vorschläge, die für andere Portfolios verallgemeinert werden können. Wählen Sie nach Interesse aus! Für die Erstellung Ihres individuellen Leseportfolios zu Texten, Autoren/Autorinnen, Epochen, The­ men etc. kooperieren Sie am besten mit Ihrer Deutschlehrerin/Ihrem Deutschlehrer. Das Thema des „Reigen“: zehn Personen auf der Suche nach der „Liebe“ Schnitzlers Drama besteht aus zehn Dialogen, die miteinander verkettet sind, indem pro Szene ein Dialogpartner ausgetauscht wird. Alle sind auf der Suche nach „Liebe“. Die Dirne sucht sie beim Soldaten, der Soldat beim Stu­ benmädchen, das Stubenmädchen beim jungen Herrn, der junge Herr bei der jungen Frau, die junge Frau beim Gatten, der Gatte beim süßen Mädel, das süße Mädel beim Dichter, der Dichter bei der Schauspielerin, die Schauspielerin beim Grafen und schließlich der Graf bei der Dirne: Der „Reigen“ ist geschlossen. 1903 erscheint der „Reigen“ als Buch. Das Aufsehen ist riesig. Freilich wird der getäuscht, der Pornographisches darin finden will. Den Liebesakt deutet Schnitzler bloß durch eine waagrechte Reihe von Gedankenstrichen an. 1904 wird der „Reigen“ erstmals beschlagnahmt. Erst 1920 wurde das Stück in Berlin aufgeführt, unter Drohungen, mit Stink­ bomben und Prozessen gegen die Schauspieler. Der Zeit gemäß wurde die Empörung über das „unzüchtige Machwerk des Juden aus Wien“ vor allem geschürt aus dem antisemitischen Milieu nationalistischer Kreise. Das leseportfolIo eIne neue IDee: Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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