Literaturräume, Schulbuch
431 grenzenlos auf Den punkt gebracht Die Gegenwartsliteratur auf den Punkt gebracht • Die Diskussion, inwieweit Literatur gesellschaftlich wirksam sein kann und überhaupt noch notwendig sei, dominiert den Literaturbetrieb unmittelbar nach 1968. • Autoren wie H. M. Enzensberger raten zur Gelassenheit; die unmittelbare politische Wirksamkeit sei zwar fraglich, die Literatur selbst darf aber nicht aufs Spiel gesetzt werden; zu attackieren sei nicht die Literatur, sondern die Gesellschaft. • Peter Handke und andere Autoren der „Neuen Subjektivität“ lehnen den Begriff einer engagierten Literatur überhaupt ab; Literatur könne höchstens zur Klarheit führen über den Schreibenden selbst, aber keine gesellschaftlichen Aufgaben übernehmen. • In der Literatur des Grazer „Forum Stadtpark“ zeigt sich beispielhaft die Kontroverse über die Effizienz des Dichtens: Ist sprachlich experimentelle Literatur oder die direkte kritische Darstellung der Realität ‚wirkungs voller ‘ ? • Unter dem Einfluss Wittgensteins wird Sprachkritik ein bis heute wichtiges literarisches Anliegen (Handke, Bachmann, Franzobel). • Die ‚Frauenliteratur ‘ macht aufmerksam auf Missstände im Allgemeinen und auf die in vieler Hinsicht kritikwürdige Situation der Frau im Besonderen; Erziehung, Geschlechterrolle, Beziehungen werden zu wichtigen Themen z. B. bei Bachmann, Haushofer, Frischmuth, Jelinek, Mitgutsch, Streeruwitz. • Die Problematik sozialer Benachteiligung auf dem Land und in der Stadt wird realistisch dargestellt; so z. B. bei Innerhofer, Scharang, Wolfgruber. • Dokumentarische Texte, wie die Werke Erich Hackls, gehen historischen und aktuellen Diskriminierungen und Menschenrechtsverletzungen nach. • Auch die österreichische Tradition, das „Unheimliche“ darzustellen, lebt neu auf, wie bei Alois Hotschnig oder Thomas Glavinic. • Das Drama entwickelt sich einerseits zum ‚ Schockdrama ‘ (Peter Turrini, Werner Schwab), wobei die Tole ranzschwelle der Öffentlichkeit im Laufe der Zeit geringer wird, andererseits werden nach dem Vorbild Wolfgang Bauers die Minidramen wieder aktuell (Antonio Fian). • Große Diskussionen lösen die kritischen Werke von Elfriede Jelinek und Thomas Bernhard aus; bei Bernhard wird allerdings oft übersehen, dass seine Kritik nicht wortwörtlich interpretiert werden kann, da der Autor sich offen zum Stilprinzip der Übertreibung bekennt. • Bernhards Briefwechsel mit seinem Verleger Siegfried Unseld gibt Einblick in den Literaturbetrieb; das lange „verschollene“ Kriegstagebuch Bachmanns zeigt die wichtige Arbeit der Herausgeber. • Die Literatur der sprachlichen Minderheiten und der Migranten/Migrantinnen bietet eine neue Sichtweise auf Österreich. • Die neuesten Tendenzen der österreichischen Literatur: Lust am Erzählen, Boom der Krimis, Rückkehr zur Erzählung mythischer Themen, Reiseromane, postmoderne Werke. • Offen bleibt die Entwicklung der Literatur im Zusammenhang mit den Veränderungen im Buchwesen: digitaler Literatur, Internetbuchhandel und Projekten, die Literatur im Internet (frei) zugänglich zu machen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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