Literaturräume, Schulbuch

424 DIe gegenWartslIteratur – mIt österreIchschWerpunkt Bezeichnung „Jenisch“, die den Menschen aufgedrängt wurde und von „Gauner“ abgeleitet wird. Das Jenische wurde nur mündlich weitergegeben, erst in den letzten Jahren wurden Texte aufgezeichnet. Du – Möschele schuggers, i mag novus mehr abnaschn von dir. Die Meing – meine und deine – der Patrus – meiner und deiner tibern novus gwant von ins. Sie wol’n novus, daß mir krenen. Weil du a Gatschlimöschl bisch, und i a jenisches Gruniggl, hat er gschmalt, dein pari. Möschele, wenn i deine Scheinling, dein Menggele, dein Löckl’n nimmer spann – i mach mi mulo. Hegele – gwant’s – i nasch novus von dir! Der Niggl soll sie holen, die Ulmen, dia linggen. Warum mechtest pegern? Laß si lingg tibern. Dia Gatschimosch, dia gschutzte, haben sie gschmalt, deine Ulmen und meine sol’n sich dös Lowi in Schunter stecken. Nasch’mar schinagln und baschn mar ins a Schrenz. Hoamstolfn tian miar novus mehr. Du – Mädchen – schönes Ich will nicht mehr von dir lassen. Die Mutter – meine und deine – der Vater – meiner und deiner – reden nicht gut von uns. Sie wollen nicht, dass wir heiraten. Weil du ein Bauernmädchen bist und ich ein jenisches Schwein, hat er geschimpft – dein Vater. Mädchen, wenn ich deine Augen, dein Gesicht, deine Haare nicht mehr sehe – ich bring mich um! Mein Bub – du guter – ich verlasse dich nicht! Der Teufel soll sie holen – die Leute – die falschen. Warum möchtest du sterben? Lass sie schlecht reden. Das Bauernmädel, das verrückte, haben sie gesagt, deine Leute; und die meinen sollen sich ihr Geld sonst wohin stecken. Gehen wir zusammen arbeiten und kaufen wir uns ein Haus. Zurück gehen wir nicht mehr. 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 Leseanregungen Florjan Lipuš gilt als ein herausragender Epiker der slowenischsprachigen Literatur in Österreich. Sein erster Ro­ man „Der Zögling Tjaž“ (1972) wurde 1981 von Peter Handke mit der Kärntner Lektorin Helga Mračnikar ins Deutsche übersetzt. Der Roman bildet eine Abrechnung mit der Unterdrückung in Internat und Schule und beruht stark auf selbst Erlebtem. Weitere bekannte Namen aus der modernen slowenischsprachigen Literatur Österreichs sind Maja Haderlap, von der zum Beispiel ein Band mit Gedichten in Slowenisch, Deutsch und Englisch vorliegt („Gedichte – Pesmi – Poems“), Fabjan Hafner mit den Gedichtbänden „Gelichter+Lichtes“, „Freisprechanlage“ – „Brezročno govorjenje“ –, der Lyriker, Essayist und Epiker Janko Ferk. Die kroatische Litera­ tur wird zum Beispiel repräsentiert durch Autoren und Autorinnen wie Jurica Csenar, Ana Schoretits, Fred Hergovich, Katarina Dragšic, Inge Kuktits. Lyrische Arbeiten der ungarischen, tschechischen, kroatischen Min­ derheiten in Österreich finden Sie in der Anthologie „Österreichische Literatur und kein Wort Deutsch“ (2008), kroatische Lyrik mit englischen Übersetzungen in „Ptici i slavuji / Hawks and Nightingales“. Bekannteste Vertre­ terin der RomaLiteratur ist Ceja Stojka („Reisende auf dieser Welt“, „Wir leben im Verborgenen“). 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 AUFGABEN > Welche Wörter bereiten Deutschsprachigen keine Schwierigkeiten, welche Wörter könnten erklärt werden, wenn man nach Parallelen in der Mundart sucht, welche Wörter sind eventuell im Zusammen­ hang mit anderen Sprachen klärbar? Welche Vokabel sind offenbar Eigenschöpfungen des Jenischen? > Welche zwei Personen sprechen im Gedicht, wo findet der Sprecherwechsel statt? Welche der beiden Personen ist „optimistischer“? Welche sozialen Spannungen werden im Gedicht sichtbar? Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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