Literaturräume, Schulbuch

DIe lIteratur zWIschen 1945 unD 1968 Kahlschlag, Nachkriegszeit, Wirtschaftswunder 1945 Neubeginn der Literatur nach Zensur und Verfolgung; Versuch, das Trauma von Diktatur und Zweitem Weltkrieg zu verarbeiten („Kahlschlaglite­ ratur“); Frage, wie Kunst nach Auschwitz überhaupt das Grauen darstellen kann und darf. 1968 Mit den Studentenunruhen in Frank­ reich und Deutschland erreicht die kritische Literatur ihren Höhepunkt; sie mischt sich offensiv in die öffentliche Diskussion ein und sieht ihre primäre Funktion in direkter politischer Wirkung. 325 Das funDament Mahnung an die Vergangenheit und Warnung vor neuen Bedrohungen 8. Mai 1945: Der Krieg ist zu Ende, die Tragödie wird sichtbar Als die „größte materielle und moralische Katastrophe unserer Geschichte“ bezeichnete der Philosoph Alexander Mitscherlich den Zweiten Weltkrieg für Deutschland. Das NSRegime hat ganz Europa und viele Teile der Welt in eine Tragödie gestürzt. 55 Millionen Tote sind zu beklagen, darunter allein sechs Millionen Opfer in den NS­ Vernichtungslagern. Mehr als zehn Millionen Menschen werden vertrieben und warten als Flüchtlinge auf eine neue Heimat. Zwölf Millionen Deutsche und Österreicher sind in Kriegsgefangenschaft, fast alle größeren Städte Deutschlands und viele industrielle Zentren Österreichs sind durch Bombardierungen zerstört, 40% der Woh­ nungen verloren. „It looks like Pompei“ , so fasst ein amerika­ nischer Soldat seinen Eindruck beim Betreten einer deutschen Großstadt zusammen. Der Autor Heinrich Böll sah jeden ums nackte Leben kämpfen: „Jeder hätte jeden mit Recht des Dieb- stahls bezichtigen können. Wer in einer zerstörten Großstadt nicht erfror, musste sein Holz oder seine Kohlen gestohlen haben, und wer nicht verhungerte, musste auf irgendeine gesetzeswidrige Weise sich Nahrung verschafft haben.“ Befreiung und Angst Vor diesem Hintergrund wurde das Kriegsende nicht von allen Menschen gleich interpretiert. Natürlich überwog das Gefühl der Erleichterung über das Ende der NSHerrschaft. Anderseits herrschten Angst um die vermissten Angehörigen und Unge­ wissheit, ob die Befreiung Hoffnung für einen Neuanfang geben konnte und wie das alltägliche Leben bewältigbar sei. Der Schweizer Autor Max Frisch, der Deutschland 1946 besuchte, berichtet in seinen Tagebüchern, das Land mache auf ihn einen Eindruck wie ein „Schachbrett helllichter Verzweiflung, Men- schen, Wäsche, Kinder, Stacheldraht“ . Zwei deutsche Autoren drücken diese ambivalente Stimmung präzise aus. Erich Kästner schreibt kurz vor Kriegsende in sein Tagebuch: „Das Dritte Reich bringt sich um. Doch die Leiche heißt Deutschland.“ Thomas Mann appelliert in einer Rundfunkansprache zwei Tage nach Kriegsende: „Ich sage: es ist trotz allem eine große Stunde, die Rückkehr Deutschlands zur Menschlichkeit.“ Ernst Jandl 1944 1945 krieg krieg krieg krieg krieg krieg krieg krieg krieg mai krieg krieg krieg krieg krieg krieg Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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