Literaturräume, Schulbuch

310 DIe lIteratur zWIschen 1925 unD 1945 Ausschnitt 2: Befehl des deutschen Kaisers Wilhelm II. … und es kann vorkommen, dass ihr eure eignen Verwandten und Brüder niederschießen oder -stechen müsst. Dann besiegelt die Treue mit Aufopferung eures Herzblutes … […] Bei den jetzigen sozialistischen Umtrieben kann es vorkom- men, dass Ich euch befehle, eure eigenen Verwand- ten, Brüder, ja Eltern niederzuschießen – was ja Gott verhüten möge – aber auch dann müsst ihr Meine Befehle ohne Murren befolgen […] und müsste ich euch einst vielleicht – Gott wolle es verhüten – dazu berufen, auf eure eigenen Verwandten, ja Geschwi- ster und Eltern zu schießen, so denkt an euern Eid! Ausschnitt 3: Kommentar des Erzählers über Reisiger Da Reisiger […] erklärt, dass er den Krieg für das größte aller Verbrechen hält, verhaftet man ihn und sperrt ihn ins Irrenhaus. Reisiger liegt in einer Isolierzelle. Das ist ein Grab, düster, kalt, mit einer bläulichen Lampe erhellt. Verschlossen die Tür, vergittert das Fenster mit dem zentimeterdicken Glas. Ausschnitt 4: Die letzten Zeilen des Romans Festungslazarett Mainz, Nervenstation. Wochenbe- richt 6.–13. 9. 1918. Krankenwärter: Neuhagen. Reisiger, Adolf, Ltn. d. R.F.A.R. 253. Befund wie in voriger Woche. Der Kranke schläft nicht, isst nicht, sieht starr vor sich hin. Wenn man mit ihm redet, hat er ständig nur einen Satz zur Antwort. „Es ist ja immer noch Krieg. Leckt mich am Arsch!“ 7 „Es war nichts bewiesen und nichts weggeschafft.“ Robert Musil: „Drei Frauen“ (1924) Die Portugiesin Drei Erzählungen enthält der Band „Drei Frauen“. Sie tragen jeweils den Titel der weiblichen Hauptfigur. „Grigia“, eine Bäuerin, „Die Portugiesin“, eine Adelige, und „Tonka“, eine Verkäuferin, werden den mit ihnen verbundenen Männern zum Schicksal. Vorgestellt wird Ihnen in der Folge die im Mittelalter spielende Erzäh­ lung „Die Portugiesin“. Vom „pfaublauen“ Meer zur „Hühnerstallburg“ Der Mann ist ein rauer Ritter aus dem Geschlecht derer von Ketten. Seine Burg liegt auf einer „fast freistehenden lotrechten Wand“ in einem Tal zwischen Brixen und Trient. „Fünfhundert Fuß unter ihr tollte ein kleiner wilder Fluss so laut, dass man eine Kirchenglocke im selben Raum nicht gehört hätte, sobald man den Kopf aus dem Fenster bog.“ Die Ketten sind „bös wie Messer […], die gleich tief schneiden. Sie wurden nie rot vor Zorn oder rosig vor Freude, sondern sie wurden dunkel im Zorn und in der Freude strahlten sie wie Gold […].“ Ihre Sitte ist es, sich nicht mit dem Adel der Gegend zu ver­ schwägern, um in ihren Kämpfen und Entscheidungen ungebunden zu sein. Sie holen ihre Frauen von weit her. Ihre „Frauen waren schön, weil sie schöne Söhne wollten“ . Die Frau dieses Herrn von Ketten stammt aus dem Land des „pfaublauen Meeres“ . Von dort zieht sie im Hochzeitszug in die Heimat des Mannes. Sie hatte erwartet, in ein Land zu kommen, „das voll Unerwartetem war, wie die Sehne eines gespannten Bogens; aber da sie das Geheimnis sah, fand sie es über Erwarten hässlich und mochte fliehn. Wie aus Hühnerställen zusammengefügt war die Burg. Stein auf Fels getürmt. Schwindelnde Wände, an denen der Moder wuchs.“ Die alte Fehde und die Fliege Seit Jahrzehnten liegen die Ketten in Fehde mit den Bischöfen von Trient. Kurz vor der Ankunft in der Burg kommt die Nachricht, der Kampf gegen den Bischof sei in eine entscheidende Phase eingetreten. Ketten bringt die Portugiesin in die Burg. „Zwei Tage später saß er wieder im Sattel. Und elf Jahre später tat er es noch. […] Er 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 Robert Musil AUFGABE > Welche zusätzlichen Informationen zumThema Krieg bringt Köppen im Vergleich zu den angeführten Stellen aus den Texten Jüngers? Geben Sie jedem Ausschnitt von Köppens Text einen charakteristischen Titel! Nur zu Prüfzwecken – Eig ntum des Verlags öbv

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