Literaturräume, Schulbuch
ê sî’s ie wurden gewar, dô stiez s’ir sigevanen dar und zôch si beide in ir gewalt. si wurden ein und einvalt, die zwei und zwîvalt wâren ê. […] Der Kampf zwischen der Liebe zu Isolde und der Loyalität zu Marke Nicht dass Tristan sich der Liebe widerstandslos hin geben würde. Er weiß, dass die Loyalität zu König Marke ein hohes Gut ist. Seine Ausweglosigkeit zwi schen der „minne“ zu Isolde und der „triuwe“ zu Mar ke schildert Gottfried sehr klar. In neuhochdeutscher Übertragung lautet die Textstelle so: Als Tristan spürte, dass er [Isolde] liebte, dachte er an seine Verpflichtung, loyal zu sein und ehrenhaft, und er wollte es lassen. „Nein“, so dachte er bei sich, „Tristan, lass es sein, besinn dich, nimm es gar nicht erst zur Kenntnis!“ Jedoch sein Herz wollte zu ihr. Er kämpfte gegen sein Verlangen, begehrte gegen sein Begehren auf. Er wollte sie und wollte nicht. Er, der wie gefangen war, versuchte immer wieder, sich von der Fessel zu befreien; das zog sich lange hin. Pflichtgetreu wie er war, empfand er stark die doppelte Qual. Schaute er Isolde an und begann die süße Liebe, sein Herz und seine Sinne zu verwun- den, so dachte er an seine Ehre, die zog ihn weg von ihr. Doch schon ging Liebe auf ihn los, die altererbte Herrin, und zwang ihn wieder, ihr zu gehorchen. Der Betrug Isolde geht es ebenso: „Alsam geschach Îsôte“, merkt Gottfried kurz an. Doch die Ehe zwischen Marke und Isolde wird geschlossen. In der Hochzeitsnacht wird dem König aber Isoldes Zofe Brangäne ins Ehebett gelegt. Die Rei he von Listen und Betrugsmanövern beginnt, mit denen Tristan und Isolde ihre Liebe retten, bis sie entdeckt werden. Der getäuschte Marke vertreibt sie vom Hof. Die Vereinigung und die Trennung Sie leben im Wald und in einer „Minnegrotte“ und kehren schließlich zurück an den Hof. Marke hat ihnen auf grund einer weiteren Täuschung verziehen. Tristan hat auf dem Lager in der Minnegrotte ein Schwert zwischen sich und Isolde gelegt, was Marke als Reue und Verzicht interpretiert. Es folgt die endgültige Verbannung des von Marke neuerlich auf „frischer Tat“ ertappten Tristan. Tristan besteigt das Verbannungsschiff, das in Arundel landet, er hilft dessen König im Krieg und soll als Lohn dafür eine andere Isolde, Isolde Weißhand, zur Frau erhal ten. Damit bricht Gottfrieds Werk ab. Die Fortsetzer des Werkes plädieren für gerechte Strafe Vermutlich verhinderte Gottfrieds Tod die Fertigstellung des „Tristan“. Das Publikum wünschte aber eine Fort setzung. Mehrere Autoren des 13. Jahrhunderts schrieben den „Tristan“ zu Ende. Sie lassen Tristan und Isolde Weißhand heiraten, aber die heimlichen Begegnungen mit der „wahren“ Isolde werden fortgesetzt. Tristan wird im Kampf neuerlich verwundet, nur Isolde kann die Wunde heilen. Tristan schickt nach ihr. Das Schiff mit Isolde kommt, aber Isolde Weißhand überbringt Tristan fälschlich die Nachricht, jene sei nicht an Bord. Tristan stirbt, Isolde findet ihn tot und stirbt an seiner Seite. Der Tod der beiden wird bei den Fortsetzern als angemessene Strafe für ihr sündiges Leben dargestellt. 29 Der leseraum > Besprechen Sie, eventuell in Zusammenhang mit dem Gegenstand „Musikerziehung“, welche bedeutenden musikalischen Werke die Stoffe von „Parzival“, „Tristan“ und – siehe S. 34 – „Nibelungenlied“ gestaltet haben! AUFGABE Der Liebestrank INFO ist auf frühen Zivilisationsstufen nur einer von vielen magischen Liebeszaubern, mit denen Zuneigung erwor ben werden sollte. Vom Verspeisen von Fledermäusen bis zum Schreiben des geliebten Namens mit Blut auf einen Zettel, den man, garniert mit drei Haaren des/der Geliebten, in einen Apfel stecken und unter den Polster des/der Angebeteten legen sollte, reichten diese Versuche. Eine umfassende Übersicht über Liebesmagie im Volksglauben gibt zum Beispiel das „Handwörter buch des deutschen Aberglaubens“ von Hanns BächtoldStäubli. Das Werk ist auch als CDRom greifbar. 8 10 2 4 6 8 10 12 14 Nur zu Prüfzweck n – Eigentum des Verlags öbv
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