Literaturräume, Schulbuch

276 eXpressIonIsmus unD DaDaIsmus (1910–1920/1925) 3 „Deine Seele, die die meine liebet“ Else Lasker-Schüler: „Ein alter Tibetteppich“ (1910) Hoch geschätzt Viele Kritiker und Krtitikerinnen halten dieses Gedicht von LaskerSchüler, die nicht nur als Autorin, sondern auch als Illustratorin und Zeichnerin bedeutend ist, für das „schönste“ Liebesgedicht der Zeit. Deine Seele, die die meine liebet, Ist verwirkt mit ihr im Teppichtibet. Strahl in Strahl, verliebte Farben, Sterne, die sich himmellang umwarben. Unsere Füße ruhen auf der Kostbarkeit, Maschentausendabertausendweit. Süßer Lamasohn auf Moschuspflanzenthron, Wie lange küsst dein Mund den meinen wohl Und Wang die Wange buntgeknüpfte Zeiten schon. 4 „Ich habe den neuen Menschen gesehen!“ Georg Kaiser: „Die Bürger von Calais“ (1914) Das historische Thema Es sind die ersten Jahre des Hundertjährigen Krieges Frankreich – England (1338–1475). Das französische Heer hat eine wichtige Schlacht verloren, die Engländer belagern Hafen und Stadt von Calais. Die Bürger von Calais wissen um die Bedeutung der Stadt für Frankreich, verteidigen sie ein Jahr lang. Dann sind die Vorräte erschöpft. Die Stadt bietet den Engländern die Übergabe an. Eine mittelalterliche Chronik berichtet darüber. Die Bedin­ gung des englischen Königs: „Wenn sechs der angesehensten Bürger die Stadt verlassen, nackt, nur mit einem Hemd bekleidet […], den Strick um den Hals, die Schlüssel der Stadt […] in der Hand, so werde ich mit ihnen verfahren nach meinem Willen und die Bewohner in Gnaden aufnehmen.“ Sechs sind bereit, am nächsten Morgen übergeben sie den Schlüssel. Der König ist für ihren Tod. Sein Argument: „Die von Calais haben so viele meiner Leute zu Tode gebracht, dass es recht und billig ist, wenn auch sie sterben.“ Auf Bitten der Königin, die unmittelbar vor ihrer Nie­ derkunft steht, werden die sechs aber begnadigt. Erster Akt: Kaisers Änderung Kaisers Stück setzt mit der Bedingung des englischen Königs ein. Der Bürgermeister von Calais, Jean de Vienne, verkündet sie: Sechs Freiwillige, die sich ausliefern, oder Erstürmung der Stadt. Natürlich gibt es alte Krieger wie den Hauptmann Duguesclins, die für den Kampf sind, auch wenn dabei die Stadt und der Hafen zerstört werden. Das Motto dieser „alten Menschen“ heißt „verbrannte Erde“. Nach dem aussichtslosen Kampf hat dann wenigstens niemand etwas von der Stadt. Außerdem geht es um die „Ehre“. Ihr Gegenspieler und Vertreter der „neuen Menschen“ ist Eustache de SaintPierre. Sind Hafen und Stadt nicht gemeinsamer Besitz der Menschen auch kommender Zeiten, ist es Mut, sehenden Auges in der Untergang zu gehen – das sind seine Fragen. Ist es nicht besser, sechs opfern sich, und nicht die ganze Stadt? Doch nicht wie historisch überliefert sechs Bürger melden sich auf seine Rede hin, sondern sieben Männer: Jean d’Aire, der zweite, dritte und vierte Bürger, Jacques de Wissant, Pierre de Wissant und Eustache de SaintPierre. Das Los soll entscheiden, wer sich nicht auszuliefern braucht. 2 4 6 8 AUFGABE > Ordnen Sie den Strophen folgende Kurzbeschreibungen zu: – Vergleich der Verbundenheit zweier Liebender mit der Verwobenheit der Knoten eines Teppichs; – Betonung der körperlichen Nähe; – Kosmische Bedeutung der Liebe; sie lässt die Liebenden den Sternen gleich werden; – Frage des lyrischen Ich nach dem Beginn der Liebe, Verzicht auf Antwort, Liebe kennt keine Zeit. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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