Literaturräume, Schulbuch

263 grenzenlos Alma Mahler-Werfel (1879–1964) Sie gehört zu den umstrittensten Frauen des Fin de Siècle. Mit vielen Größen der Literatur, Musik, Architektur, Malerei des Fin de Siècle war sie bekannt oder eng befreundet, vielen war sie als Anregerin wichtig. Gustav Klimt verehrte sie, als sie erst 17 war. Sie heiratete später den Komponisten und Wiener Operndirektor Gustav Mahler. Nach Mahlers Tod und einer engen Verbindung mit dem Dichter und Maler Oskar Kokoschka heiratete sie den BauhausArchitekten Walter Gropius. Nach der Scheidung von Gropius wurde sie die Ehefrau des Schriftstellers Franz Werfel, mit dem sie gemeinsam in die USA auswanderte. Das Urteil über ihre Persönlichkeit fällt sehr un­ terschiedlich aus. Sie selbst sah sich als schöpferische Muse und Förderin der Männer, und einige ihrer Zeitgenos­ sen teilten dieses Urteil. Der Dichter Klaus Mann verglich sie mit den intellektuellen Frauen der deutschen Ro­ mantik und den Damen der Salons der französischen Klassik, welche die Künste förderten. Andere sehen in ihr eine Frau, die ihre prominenten Lebensgefährten ausnutzte. Verloren geht dabei, dass Alma MahlerWerfel eine in der damaligen Zeit geschätzte Komponistin war. „Ich bin nur eine Hausfrau. Ich sterbe fast vor Sehnsucht nach dem Klavierspielen, aber ich habe den Zugang zur Musik verloren. [...] Ich vegetiere vor mich hin“ , schrieb Alma MahlerWerfel kurz nach ihrer Heirat mit Mahler in ihr Tagebuch. Mahler hatte von ihr Unterordnung und die Aufgabe ihres KomponistinnenBerufs gefordert: „Die Rolle des Komponisten fällt mir zu, deine ist die der liebenden Gefährtin. Du hast von nun an nur einen Beruf, mich glücklich zu machen.“ Von Alma MahlerWerfel sind nur vier­ zehn Lieder erhalten geblieben. Die übrigen Kompositionen gingen während des Zweiten Weltkriegs verloren. Adele Bloch-Bauer (1881–1925) Auch Adele BlochBauer war eine der bemerkens­ werten Frauengestalten des Wiener Fin de Siècle. So wie Alma MahlerWerfel stammt sie aus dem reichen Großbürgertum Österreichs. In ihrem Salon ver­ kehrten die Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur. Sie hatte nicht nur eine hohe humanis­ tische Bildung, sondern galt auch als besonders kunstsinnig. Soziales Gedankengut war ihr ein per­ sönliches Anliegen. Finanziell unterstützte sie Gustav Klimt trotz dessen Ächtung in traditionellen Gesell­ schaftskreisen und stand ihm als Modell zur Verfü­ gung. Mit Unterstützung von Adele BlochBauer und ihres Gatten Ferdinand entstanden die berühmten KlimtBilder „Adele BlochBauer I“, 1907, „Apfelbaum I“, 1912, „Adele BlochBauer II“, 1912, „Häuser in Un­ terach am Attersee“, 1916, sowie das Porträt der Amalie Zuckerkandl, 1918, einer engen Freundin von Adele BlochBauer. Stelle trete. Sie hatte immer Angst, als überflüssig zu erscheinen und klammerte sich immer mehr an ihren Wirkungskreis, dem sie doch nicht mehr gewachsen war. So musste ich Tag und Nacht arbeiten. Als mein Kind vier Monate alt war, war ich so geschwächt, dass ich eines Tages, als ich mein Kind eben gestillt hatte, von einer Ohnmacht befallen wurde. Ich verzweifelte über den Ausspruch des Arztes, dass ich das Kind nicht mehr säugen dürfe. Ich erschien mir selbst minderwertig und beklagte mein Kind. Alles das hätte mir aber erspart bleiben können, wenn ich nicht eine mehr als zweifache Bürde zu bewältigen gehabt hätte. 68 70 72 74 76 78 Gustav Klimt, Adele BlochBauer I, 1907 AUFGABEN > Beschreiben Sie den Charakter von Popps Mann, wie er sich an dieser Stelle zeigt. > Welche unterschiedliche Sicht der Frauenrolle haben Adelheid Popp und ihre Mutter? > Welche Ängste prägen die Mutter, welches „Versagen“ wirft sich Adelheid Popp vor? Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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