Literaturräume, Schulbuch

252 symbolIsmus, ImpressIonIsmus, fIn De sIècle, WIener moDerne Arthur Schnitzler Das Kaffeehaus als Künstlertreffpunkt In Wien gab es weder große Literaturverlage, wo sich die Literaten treffen konnten, noch, im Gegensatz zu Berlin oder Paris, die Tradition der privaten literarischen Salons. So wurde das Kaffeehaus zum Treffpunkt. Vor allem zwei Cafés waren Zentren der neuen künstlerischen Ideen, das Café Griensteidl und das Café Central. Als der typische Kaffeehauspoet gilt Peter Altenberg (1859–1919), etwa mit seinen kleinen Skizzen „Die Abrechnung“ und „Das Hotel-Stubenmädchen“ (1912) (4) . Er sitzt heute als Pappmascheefigur im Café Central, wo er auch zu Lebzeiten seine Postadresse hatte: Kaffeehaus Du hast Sorgen, sei es diese, sei es jene – ins Kaffeehaus! Sie kann, aus irgendeinem, wenn auch noch so plausiblen Grunde, nicht zu dir kommen – ins Kaffeehaus! Du hast zerrissene Stiefel – Kaffeehaus! Du hast 400 Kronen Gehalt und gibst 500 aus – Kaffeehaus! Du bist korrekt sparsam und gönnst Dir nichts – Kaffeehaus! Du bist Beamter und wärest gern Arzt geworden – Kaffeehaus! Du findest keine, die dir passt – Kaffeehaus! […] Du hasst und verachtest die Menschen und kannst sie dennoch nicht missen – Kaffeehaus! Man kreditiert dir nirgends mehr – Kaffeehaus! Café und literarische Gattung Das Schreiben im Café fand unter typischen Bedingungen statt: kleine Tische, das Ineinanderlaufen der verschie­ denen Konversationen der Gäste, die wechselnden Wahrnehmungen durch das Kommen und Gehen. Charakte­ ristisch für die Wiener Moderne sind deshalb literarische Kurzformen: Skizzen, Novellen, Essays und kurze DramenEinakter. Die Kaffeehaustradition der Künstler hat sich bis heute fortgesetzt, als Beispiel sei das Wiener Café Hawelka erwähnt. > Setzen Sie den Text von Peter Altenberg mit Ihren persönlichen „Kaffeehausgründen“ fort oder variieren Sie ihn thematisch, jedoch im Stil von Altenberg für folgende angenehme Orte: Schulbibliothek, Schwimmbad, Stadion, Park, Disco, Kino, RunningSushiBar …! Der leseraum 1 „Seines Offizierscharakters für verlustig erklärt“ Arthur Schnitzler: „Leutnant Gustl“ (1900) „Die Ehre und das Ansehen der österr. ung. Armee geschädigt“ Ende 1900 erscheint in der Wiener „Neuen Freien Presse“ die Novelle „Leutnant Gustl“. Schnitzler hatte sie in nur fünf Tagen geschrieben. Bald darauf wird gegen den Autor, der Reserveoffizier ist, ein Ehrengerichtsver­ fahren eingeleitet. Das Ergebnis: Schnitzler wird „seines Offizierscharak­ ters für verlustig erklärt“, da die Novelle dem Ansehen der Armee gescha­ det habe. Überdies habe Schnitzler die Duellforderung gegenüber dem Verfasser eines ihn beleidigenden Artikels in der Tageszeitung „Reichs­ wehr“ unterlassen. Das provokant Neue der Novelle war aber nicht nur der Inhalt, sondern auch die Form. Ein ganzer Text wurde als innerer Mo­ nolog gestaltet. 2 4 6 8 AUFGABE Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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