Literaturräume, Schulbuch

249 Das funDament Freud: Es, Ich und Über-Ich Die Frage, wie die menschliche Persönlichkeit „funktioniere“, ist auch das zentrale Thema der Psychoanalyse von Sigmund Freud. Aus den Analysen von Träumen seiner Patienten und in Gesprächen mit ihnen entwickelte er seine Idee von der Bedeutung des Unbewussten. 80–90 % der menschlichen Entscheidungen stammen laut Freud aus dem Unbewussten, dem triebhaften Teil unserer Psyche. Später baute Freud diese These zur Theorie von der dreischichtigen menschlichen Persönlichkeit aus. Die Auseinandersetzungen zwischen Es, Ich und Über­ Ich bestimmen die Persönlichkeit. Das triebhafte, stark von Sexualität und Aggression bestimmte Es kennt nur den Wunsch nach seiner Verwirklichung. Das ÜberIch, das „Gewissen“, ist die moralische Instanz, welche die Wertvorstellungen einer Gesellschaft spiegelt, Gut und Böse und die moralischen Grenzen definiert. Es ist der Gegenspieler des Es. Zwischen beiden steht das Ich. Das Ich muss zwischen den triebhaften Wünschen des Es und den hohen Anforderungen des ÜberIch Lösungen finden. Einen Versuch dieses Ausgleichs stellt für Freud die menschliche Kultur dar. Sie dämmt die Triebe ein. Besonders enge Gedankenverbindungen gibt es zwischen Freud und Arthur Schnitzler, wie zum Beispiel der berühmte „Doppelgängerbrief“ Freuds an Schnitzler zeigt. Freud erläutert darin, weshalb er den Dichter nie besucht habe: Das gesellschaftliche Umfeld Wien, Paris und Berlin heißen die Zentren Europas zur Jahrhundertwende. Innerhalb von 50 Jahren war die Ein­ wohnerzahl Wiens von knapp über 400.000 auf zwei Millionen gestiegen. Arbeitssuchende aus der gesamten Monarchie strömten in die Stadt. Besonders viele jüdische Bürger prägten das wirtschaftliche und kulturelle Leben. Arthur Schnitzler, Karl Kraus, Stefan Zweig, Peter Altenberg, Egon Friedell sind dazu nur einige be­ deutende Namen aus der Literatur. Demagogen diente der Antisemitismus als Mittel, nationale und soziale Spannungen auf die Juden als Sündenböcke zu kanalisieren. Der Autor Hermann Bahr, ein Wegbereiter der Wiener Moderne, bezeichnete deshalb den Antisemitismus als „Morphium der kleinen Leute“ . Die prägenden Künste Die künstlerischen Leistungen der Metropole Wien waren herausragend. Arnold Schönberg und dessen Schüler Anton Webern und Alban Berg sprengten in der Musik der „Wiener Schule“ die Grenzen der Harmonie. Die Se­ cessionisten suchten das Gesamtkunstwerk von Malerei, Architektur und Kunsthandwerk zu verwirklichen und der Kunst ihren freien Platz in der Gesellschaft zu sichern: „Der Zeit ihre Kunst. Der Kunst ihre Freiheit“ lautete die Devise Gustav Klimts, Egon Schieles, Kolo Mosers, Josef Hoffmanns und Otto Wagners. Der Architekt Adolf Loos wandte sich gegen die Lüge der Zinskasernen, die nach außen mit Ornamenten behübscht waren und im Inneren meist nur elende Wohnungen boten. 2 4 6 Ich meine, ich habe Sie gemieden aus einer Art von Doppelgängerscheu. […] Ich habe immer wieder, wenn ich mich in Ihre schönen Schöpfungen vertiefe, hinter deren poetischem Schein die nämlichen Vo- raussetzungen, Interessen und Ergebnisse zu finden geglaubt, die mir als die eigenen bekannt waren. […] Ihr Ergriffensein von den Wahrheiten des Unbe- wussten, von der Triebnatur des Menschen […], das alles berührte mich mit einer unheimlichen Vertraut- heit. […] So habe ich den Eindruck gewonnen, dass Sie durch Intuition […] alles das wissen, was ich in mühseliger Arbeit an anderen Menschen aufgedeckt habe. Ja ich glaube, im Grunde Ihres Wesens sind Sie ein psychologischer Tiefenforscher […]. „Wien 1900–1920: Aufbruch in die Moderne“ – eine fächerübergreifende Arbeit zu Bildender Kunst, Musik, Philosophie, Wissenschaft Präsentieren Sie die bahnbrechenden Errungenschaften der Wiener Moderne in Kunst und Wissenschaft. Arbeiten Sie dazu am besten in Gruppen, lassen Sie sich von folgenden Anregungen leiten. Wählen Sie unter den angebotenen Aufgaben. Benützen Sie für die Visualisierung Ihrer Arbeit die Chancen der neuen Medien; scannen Sie Bilder, laden Sie Dokumente aus dem Internet, besuchen Sie Homepages von Museen wie zum Beispiel: 8 10 12 14 PROJEKT Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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