Literaturräume, Schulbuch

209 grenzenlos | auf Den punkt gebracht Auf Mission für Stifter „Ich bin von Beruf Stifter-Missionar. Ich bin Ordensbruder der Stifterianer“ , sagt der österreichische Regisseur Kurt Palm über sich. Palm möchte „die Spinnweben über Stifters Werk zerreißen und ihn in neuem Licht zeigen, […] seine Widersprüchlichkeit, seinen Hang zum Exzessiven, Pathologischen, Abgründigen aufzeigen. In einer Erzählung Stifters ist mehr Wirklichkeitsgehalt als in 90 Prozent unserer heutigen Bestseller-Literatur.“ Palms Stifterfilm „Der Schnitt durch die Kehle“ (2004) ist ein fesselndes Stifterporträt. Machen Sie, so wie Kurt Palm es in der Folge beschreibt, Ihre persönliche „StifterZufallsbekanntschaft“: Bis vor einigen Jahren wäre ich freiwillig nicht bereit gewesen, ein Buch von Adalbert Stifter zu lesen. […] Meine Einstellung zu Stifter änderte sich allerdings schlagartig, als ich Ende der achtziger Jahre durch Zufall den „Nachsommer“ las, oder, besser gesagt, lesen musste. Der Grund für diese unfreiwillige Lektüre war simpel: Für eine achttägige Autobus- durchquerung der USA […] wollte ich mir ein möglichst dickes Buch zum Lesen mitnehmen, aber anstatt Laurence Sternes „Tristram Shandy“ einzupa- cken, der im Bücherregal neben dem „Nachsommer“ stand und ebenso dick war, steckte ich irrtümlicher- weise Stifters Buch in meine Reisetasche. […] Tatsache ist, dass ich mich nach meiner Rückkehr aus den USA mehr und mehr für Stifter zu interes- sieren begann. 2 4 6 8 10 12 14 16 auf Den punkt gebracht Biedermeier und Vormärz auf den Punkt gebracht • Nach der Niederlage Napoleons und der Neuordnung Europas im Wiener Kongress versuchen die Sieger­ staaten wie Preußen und Österreich eine politische „Restauration“: die weitgehende Rücknahme der in der Französischen Revolution erreichten demokratischen Grundrechte. • Gegen diese Politik und gegen die im Zuge der Industrialisierung sich verschärfenden heftigen sozialen Ungerechtigkeiten richten sich die Revolutionen von 1830 und 1848. • Die vor allem in Österreich dominierende Biedermeierliteratur neigt zu Harmonisierung und Ausgleich, ohne dass man sie aber als Literatur des Rückzugs und der Idylle ansehen dürfte. • Raimund greift in seinen Dramen den Materialismus an, das Theater Nestroys den Mangel an Demokratie, Grillparzer ist verbittert wegen der literarischen Zensur und stellt seiner Zeit die Antike gegenüber. • Der Epiker Stifter zeigt die Gefährdung der Natur durch reines Wirtschaftsdenken und versucht mit seinem „sanften Gesetz“ das Idealbild eines harmonischen Lebens zu erläutern. • Annette von DrosteHülshoff nimmt in der „Judenbuche“ moderne Ideen von der Prägung des Menschen durch sein Milieu vorweg. • Die politische Literatur des Vormärz ist offensiv in ihrer Kritik, die Dichter des Jungen Deutschland und Heinrich Heine greifen die Restauration scharf an; Goethes Tod wird als Befreiung empfunden, man erhebt die Forderung nach politischem Engagement des Schreibens; Romantisches wird abgelehnt. • Georg Büchners „Woyzeck“ ist das erste soziale Drama der deutschen Literatur: Keiner ist zu gering, um literarisch dargestellt zu werden. „Woyzeck“ wird in seiner fragmentarischen Gestalt und der losen Szenen­ anordnung Vorbild für zahlreiche Dramen der Moderne. • Erstmals setzt sich die deutschsprachige Literatur intensiv mit den USA auseinander, die teils enthusiastisch gefeiert werden (Sealsfield), teils Ziel scharfer Attacken sind (Lenau, Heine). AUFGABE > Nehmen Sie nach dem Zufallsprinzip einen Stiftertext aus einer Bibliothek oder kaufen Sie eine der günstigen Taschenbuchausgaben, nehmen Sie den Text mit auf eine Reise, in den Bus, an den Strand, zum Wandern, in die Straßenbahn, ins Café … und lesen Sie! Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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