Literaturräume, Schulbuch

gegen Adel, Klerus, Unterdrückung und Untertanengeist, wie zum Beispiel der Beginn des Gedichtes „Lied eines Auswandernden“ zeigt: „Sei mir zum letztenmal gegrüßt, / Mein Vaterland, das, feige, dumm, / Die Ferse dem Des- poten küsst, / Und seinem Wink gehorchet stumm.“ Die Amerika-Briefe Lenaus und Heines Text „Ludwig Börne. Eine Denkschrift“ bringen Lob und Tadel zum Ausdruck (3) . Der leseraum 1 „Ein neues Lied, ein besseres Lied, o Freunde, will ich euch dichten!“ Heinrich Heines Lyrik, „Reisebilder“ und „Deutschland. Ein Wintermärchen“ (1827–44) Vorbei mit „Blümlein“, „Sternlein“, „Sonnenschein“ „Um meine Wiege spielten die letzten Mondlichter des achtzehnten und das erste Morgenrot des neunzehnten Jahrhunderts“ , so beschreibt Heine seine Geburt. Doch Heine sah nicht nur eine idyllische Zeit zu Ende gehen, sondern auch eine neue Zeit kommen: 201 DIe lIteraturübersIcht 2 | Der leseraum Die höchste Blüte des deutschen Geistes: Philosophie und Lied! Die Zeit ist vorbei, es gehörte dazu die idyllische Ruhe. Deutschland ist fortgerissen in die Bewegung […]. Der Dampfwagen der Eisenbahn gibt uns eine zittrige Gemütser- schütterung, wobei kein Lied aufgehen kann; der Kohlendampf verscheucht die Sangesvögel und der Gasbeleuchtungsgestank verdirbt die duftige Mondnacht. Heinrich Heine Romantische Lieder geben kein wahres Bild der Welt mehr. Heines Gedichte zerstören die Sehnsüchte nach Idylle. Sehr oft geschieht das, wie im folgenden Gedicht, in einer ironischen Schlusspointe. Das Fräulein stand am Meere Und seufzte lang und bang, Es rührte sie so sehre Der Sonnenuntergang. „Mein Fräulein! sein Sie munter, Das ist ein altes Stück; Hier vorne geht sie unter Und kehrt von hinten zurück.“ Heine narrt die Zensur Eine neue Bedeutung gab Heine der Gattung der Reisebilder. Sie ermöglichten ihm eine Täuschung der Zensur, denn die an Deutschland gerichtete Kritik konnte vom Autor scheinbar über fremde Länder und Städte ausgesprochen werden. Manchmal spielt Heine auch mit den Zensoren, wie das nebenstehende 12. Kapitel aus den „Reise­ bildern“ von 1827 zeigt. Kapitel XII Die deutschen Zensoren - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - Dummköpfe - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - Kapitel XIII 2 4 6 8 10 12 2 4 6 8 AUFGABE > Beantworten Sie folgende Fragen: – Welche Erwartungen erweckt Heine zunächst bei den Lesern/Leserinnen? – Welche „romantischen“ Klischeebilder fast in der Art eines kitschigen Werbefilms werden eingesetzt? – Ohne Zweifel hätte Heine in Vers 2 und 4 auch „Meer“ und „sehr“ als Reimwörter verwenden können. Welchen Eindruck verstärken jedoch „Meere“ und vor allem „sehre“? – Wo lässt der Autor ironisch „die Katze aus dem Sack“ und zerstört Sentimentalität und Idylle? Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=