Literaturräume, Schulbuch

Das funDament Der dominante Ritterstand Wer ist ein Ritter? Im 12. Jahrhundert taucht der Begriff des Ritters in vielen europäischen Sprachen auf: als chevalier, cavaliere, caballe­ ro, knight und Ritter. Er bezeichnet den gerüsteten Reiter, der als Kerntruppe die Stärke eines Heeres ausmacht. In ei­ ner Zeit, in der kriegerische Konfliktlösungen verbreitet und anerkannt sind, gibt ihm das sein Selbstbewusstsein. Seit Karl dem Großen hatte sich der militärische Bereich grund­ legend geändert. Während Karl seine Krieger noch zu gro­ ßen Teilen aus Bauern rekrutierte, die zu Fuß kämpften und nach den Kämpfen auf die Felder zurückkehrten, so waren in der Folge immer mehr die Kämpfer zu Pferd entschei­ dend. Pferd und Waffen, Schwert, Schild und Lanze, hatte der Ritter selbst zu stellen. Seine Lebensgrundlage war Landbesitz; entweder als Eigentum oder als Lehen, einem zur Nutzung überlassenen Besitztum. Dieses sollte den Lebensunterhalt und die „Rüstung“ des Belehnten sicherstellen. Wie soll ein Ritter leben? Der Begriff der „Ritterlichkeit“ ist auch heute noch gebräuchlich. Blättert man eines der zahlreichen (Jugend) bücher durch, in denen Ritter agieren, so wird von den Rittern meist erwartet, dass sie ihrem Herrn ergeben sind, einer Dame „dienen“, nicht habgierig nach Beute streben, Arme, Witwen und Waisen mit ihrem eigenen Leben verteidigen und gegen Glaubensabtrünnige und „Ketzer“ vorgehen. Auch wenn eine solche Darstellung ein we­ nig klischeehaft wirken mag, so ist sie nicht falsch. Denn tatsächlich ist der Ritterstand einem genau definierten Verhaltenskodex, den „höfischen Tugenden“, verpflichtet. Der Hof, eine Gemeinschaft von Männern und Frauen, die einen Fürsten umgeben, um ihn zu beraten, zu versorgen, auch zu unterhalten, ist der Ausbildungsort für die feine höfische Lebensart der Ritter, die „höveschheit“. Sie steht im Gegensatz zur „dörperheit“, der vom Ritter so gesehenen Tölpelhaftigkeit und den rohen Sitten der ungebildeten Bauern. Die „höveschheit“ ist ausgerichtet auf zwei Brennpunkte: den Fürsten als Herrn, dem zu dienen höchste „êre“ war, und die adelige Dame, der man in respektvoller „minne“ begegnen sollte. Was ist „höveschheit“? Eine Zusammmenfassung des höfischritterlichen Tugendsystems gibt das Werk des Geistlichen Thomasîn von Zerclære. Es wurde um 1216 abgeschlossen und trägt den Titel „Der wälsche Gast“. Der Autor zählt die Tugenden auf, mit der sich ein „hövescher“ Mann wie mit einer Rüstung und Waffen ausstatten soll: „êre“, „muot“, „milte“ DIe lIteratur Des hohen mIttelalters (1170–1250) Epen um Rittertugenden, Gral und Liebe; Minnelyrik, politische Sprüche und das Wiederaufleben des alten Germanentums Um 1170 Beginn des Minnesangs, in den 80erJahren erstes höfischritterliches Epos: Hartmann von Aue: „Erec“. 1250 Tod des Kaisers Friedrich II., Ausklingen der ritterlichhöfisch geprägten Epik und Lyrik. 19 Rituale um den Ritter INFO Für die Aufnahme in den Ritterstand war im Mittelalter, das stark auf Symbole setzte, ein genaues Ritual wichtig. Es bestand bis ins 14. Jahrhundert meist nicht aus dem Ritterschlag, sondern dem Umgürten mit dem schwertbewehrten Rittergürtel. Verstieß man gegen den ritterlichen Kodex, brach man etwa sein Ehrenwort oder verletzte seine Lehenspflicht, so drohte der Ausschluss aus der Gruppe. Auch der war ritualisiert: Meist wurden dem Ritter die Sporen abgeschlagen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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