Literaturräume, Schulbuch

178 DIe romantIk (1795–1835) INFO Das Kunstmärchen „Der Runenberg“ ist ein Märchen aus Tiecks „Phanta­ sus“, einer der wichtigen Sammlungen romantischer „Kunstmärchen“. Sie sind, anders als die „Volks­ märchen“, das Werk eines bestimmten Verfassers. Wichtige Kunstmärchenzyklen der Romantik sind Brentanos „Rheinmärchen“ und „Italienische Märchen“. Zu den bedeutendsten „Kunstmärchen­ dichtern“ zählen Hans Christian Andersen („Der standhafte Zinnsoldat“, „Des Kaisers neue Kleider“, „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“) und Oscar Wilde („Die Rose und die Nachtigall“, „Der selbst­ süchtige Riese“). Das Ende Das Glück im Dorf reicht Christian nicht. Die Erinnerung an das Traumbild der Bergkönigin packt ihn. Christian zieht fort, um die Bergkönigin und ihre Schätze zu suchen. Nach Jahren kommt er ins Dorf zurück, einen Sack Kieselsteine schleppend. Den Bewohnern verkündet er, es handle sich um Juwelen. Bestürzt wendet man sich von ihm ab. Dann verschwindet er für immer. Der Verlust des Menschlichen und die Gier nach Gold Wie Reichtum und Gier das Menschsein zerstören, das ist auch Thema anderer romantischer Erzählungen. In der Erzählung „Peter Schlemihl’s wundersame Ge­ schichte“ von Adelbert von Chamisso (1781–1838) verkauft Schlemihl für einen immer gefüllten Geldsack seinen Schatten. Ohne Schatten wird er den Menschen fremd, Ausgestoßensein und Rückzug sind die Folge. In der Erzählung „Das kalte Herz“ von Wilhelm Hauff (1802–27) lässt sich der Kohlenbrenner Munk ein Herz aus Stein einsetzen, um reich zu werden. „Entfremdung“ und „Verdinglichung“ Die Romantiker selbst verwenden die Begriffe „Entfremdung“ und „Verdinglichung“ zwar selbst noch nicht, doch sind ihnen, wie die Skizze des „Runenbergs“ und die Andeutungen zu Chamisso und Hauff zeigen, diese Themen bewusst. Diese beiden Begriffe werden in einer der großen Denkrichtungen des 20. Jahrhunderts, der „Kritischen Theorie“, geprägt und zu zentralen Punkten des Denkens. Vertreter dieser Philosophie, wie Max Horkheimer (1895–1973) und Theodor W. Adorno (1903–69), sehen die Tendenz, dass man in unserer Gesellschaft alles un­ ter dem Maßstab der Brauchbarkeit sieht: sich selbst, Mitmenschen, Natur. Wenn aber der Mensch alles unter dem Aspekt der Nützlichkeit und Verwertungsmöglichkeit bewertet, bleibt das nicht ohne Folgen dafür, wie man sich selbst, die Mitmenschen und die Natur behandelt. Gewalt gegen sich, andere und die Umwelt sind die Folge, reibungsloses Funktionieren wird zum höchsten Ziel. Das „Tauschprinzip“ dringt in die Beziehungen zwi­ schen den Menschen ein: Ich schaue, was ich vom anderen haben kann, der andere agiert ebenso. Das Misstrau­ en, vom anderen übervorteilt zu werden, zu wenig eingetauscht zu haben, „infiziert“ die menschlichen Bezie­ hungen und reduziert diese auf berechnendes Konkurrenzverhalten. AUFGABEN > Markieren Sie im Text die Stellen, welche die Entfremdung Christians ausdrücken: Entfremdung sich selbst und den anderen gegenüber und verwirrte Wahrnehmung der Natur! AUFGABEN > Der Gedanke des Tauschprinzips ist nicht von der Hand zu weisen. Wir „tauschen“ täglich. Was tauschen Sie wofür in der Schule mit Ihren Professorinnen und Professoren, was zu Hause, was unter Freunden, was tauscht der Arbeiter/die Arbeiterin in der Fabrik, was der Bauer? > Informieren Sie sich, eventuell in Gruppen, unter http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeit − (Philosophie) über die aktuellen und geschichtlichen Definitionen des Begriffs „Entfremdung“! Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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