Literaturräume, Schulbuch
150 3. faust-fenster Mephistopheles verspricht Faust, das schöne Frauenbild real werden zu lassen. Die „Gretchentragödie“ beginnt. Forschung mit Goethes ausgeprägter Hundeabneigung in Zusammenhang. Doch nach dieser Selbstvorstellung hat der Teufel genug. Er möchte sich entfernen, kann es aber nicht. Hinein konnte er durch die Tür, denn Faust hatte das Pentagramm, das Abwehrsymbol gegen das Böse, nach außen schlecht gezeichnet, eine Lücke war entstanden. Nach innen ist das Pentagramm gut gesetzt. Der Teufel kann nicht hinaus. Das Gesetz der Hölle ge bietet ihm, dort hinauszugehen, wo er hineingekommen ist. „’s ist ein Gesetz der Teufel und Gespenster: / Wo sie hereingeschlüpft, da müssen sie hinaus. / Das erste steht uns frei, beim zweiten sind wir Knechte. Faust: Die Hölle selbst hat ihre Rechte? / Das find‘ ich gut, da ließe sich ein Pakt, / Und sicher wohl, mit euch, ihr Herren, schließen?“ Der Gedanke an den Pakt ist da. Beim nächsten Besuch wird er geschlossen. „Studierzimmer“ – Goethes entscheidender Einfall: Faust wettet mit Mephistopheles, der Ausgang ist offen Mephistopheles kehrt ins Studierzimmer Fausts zurück, paktbereit. Doch eigentlich schließt Faust mit ihm kei nen Pakt so wie alle Faustfiguren bisher. In den Volksbüchern und Puppenspielen hatte der Teufel paktgemäß die Aufgabe, für eine bestimmte Zeit Faust Reichtum, Ansehen, Zauberkraft, Genuss zu verschaffen. Nach dieser Zeit galt der Vertrag als erfüllt, Faust gehörte dem Teufel, auch seine Seele. Doch Fausts Pakt bei Goethe ist eine Wet te, der Ausgang ist offen, denn die Wette enthält eine Bedingung, die vom Teufel erfüllt werden muss. Faust formuliert sie, überzeugt, dass sie nicht erfüllbar ist, so: Faust: Werd’ ich beruhigt je mich auf ein Faulbett legen, So sei es gleich um mich getan! […] Kannst du mich mit Genuss betrügen, Das sei für mich der letzte Tag! Die Wette biet’ ich! Mephistopheles: Topp! Faust: Und Schlag auf Schlag! Werd’ ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch! du bist so schön! Dann magst du mich in Fesseln schlagen, Dann will ich gern zugrunde gehn! Dann mag die Totenglocke schallen, Dann bist du deines Dienstes frei, Die Uhr mag stehn, der Zeiger fallen, Es sei die Zeit für mich vorbei. Diese Wette entspricht inhaltlich genau dem, was Gott im „Prolog im Himmel“ als Bedingung für den Sieg des Teufels formuliert hat. Derjenige gehört dem Teufel, der die „unbedingte Ruh liebt“ , dessen Streben nach Erkennt nis aufgehört hat. Abgeschlossen wird diese Szene durch eine Satire auf die Oberflächlichkeit mancher Wissen schaft. Mephistopheles spottet als Sprachrohr Goethes über den Universitätsbetrieb der Zeit. „Auerbachs Keller“ und „Hexenküche“ – Alkohol und Sexualität Mephistopheles erweist sich als schlechter Kenner Fausts. Sein erster Versuch, Faust zufrieden zu stellen, führt in Auerbachs Keller in Leipzig, eine bis heute existierende Weinstube. Bei anderen mag das Erfolg haben. Doch Faust ekelt sich vor den in Aggression ausbrechenden Zechbrüdern. Er drängt zur Abreise. Nach dem Scheitern des Besäufnisversuchs greift der Teufel zum nächsten Mittel. Es muss stärker sein. Es geht in die Hexenküche. Mephistos vordergründiges Ziel: Fausts Verjüngung; das wahre Ziel: die Verführung durch die Sexualität. Sich selbst schenkt der durch Zaubergebräu und Hexeneinmaleins verjüngte Faust keine Beachtung. Doch in einem Spiegel sieht er eine schöne Frau: Faust: Was seh’ ich? Welch ein himmlisch Bild Zeigt sich in diesem Zauberspiegel! O Liebe, leihe mir den schnellsten deiner Flügel, Und führe mich in ihr Gefild! Ach! wenn ich nicht auf dieser Stelle bleibe, Wenn ich es wage, nah zu gehn, Kann ich sie nur als wie im Nebel sehn! – Das schönste Bild von einem Weibe! Ist’s möglich, ist das Weib so schön? Muss ich an diesem hingestreckten Leibe Den Inbegriff von allen Himmeln sehn? So etwas findet sich auf Erden? […] Faust (gegen den Spiegel): Weh mir! ich werde schier verrückt. 2 4 6 8 10 12 14 2 4 6 8 10 12 14 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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