Literaturräume, Schulbuch
148 Eine Führung durch „Faust. Eine Tragödie“ Schiller ermuntert Goethe Goethes Reise nach Italien, von der er 1788 zurückkehrt, ist literarisch sehr produktiv. Direkte Ergebnisse des Italienaufenthalts sind Umarbeitung und Abschluss von „Egmont“, „Iphigenie“ und „Torquato Tasso“ und Vorar beiten zum Tagebuch der „Italienischen Reise“, dem neben „Dichtung und Wahrheit“ zweiten großen autobio graphischen Werk Goethes. Nur „Faust“ stockt noch. Zwar veröffentlicht Goethe 1790 einige Szenen als Frag ment, doch erst mit der Freundschaft zu Schiller ab 1794 gedeiht das Werk. 1806 wird „Faust. Eine Tragödie“ fertig gestellt, später meist zitiert als „Faust. Der Tragödie erster Teil“. Das Drama erscheint 1808. Ein offenes Drama mit vielen Versarten Goethe verzichtet im „Faust“ auf die Gliederung in Akte. Er reiht oft unverbunden Szenen anei nander, wechselt häufig die Schauplätze. Der vielfältigen Szenengestaltung entspricht eine Vielfalt an Versformen. Die folgende Präsentati on wichtiger Szenen soll Ihnen den Überblick über dieses in der Literaturwissenschaft manch mal als „opus summum“ – als Gipfel der deut schen Literatur – bezeichnete Drama erleichtern und/oder eine Lektüre vorbereiten. Der Beginn: „Zueignung“, „Vor- spiel auf dem Theater“, „Prolog“ „Zueignung“, „Vorspiel auf demTheater“ Goethes Faustdrama beginnt mit der „Zueig nung“, einer Erinnerung des Autors an die „schwankenden Gestalten“ des Fauststoffes, mit denen er sich nach langen Jahren wieder befasst. Im „Vorspiel auf dem Theater“ diskutieren der Theaterdirektor, der Dichter und die Lustige Per son. Sie haben, gemäß ihrer Funktion, jeweils verschiedene Auffassungen von der Bühne. Der Direktor ist Unternehmer. Er will ein volles Haus, muss also den Geschmack des Publikums berücksichtigen. Der Dichter wehrt sich heftig gegen die Deformierung der Kunst zum Geschäft und zur Unterhaltung für die Massen. Die Lustige Person sieht das Theater als Mischung von Be lehrung, Unterhaltung und Belustigung. Der „Prolog im Himmel“ – eine Wette Von den Erzengeln umgeben, thront Gott im Himmel. Auch der Teufel Mephistopheles ist dort. Man plaudert über das Los der Menschen, das Mephistopheles recht mühselig findet: „Ich sehe nur, wie sich die Menschen pla- gen.“ Das Gespräch kommt auf Faust. Er dient Gott „auf besondere Weise“ , denn er strebt nach Erkenntnis. Mephistopheles wettet, Faust Gott abspenstig machen zu können: „Den sollt ihr noch verlieren!“ , meint er zu goethe: „faust. eIne tragöDIe“ (1806/1808) Das 3. faust-fenster: INFO Die Handlung von „Faust I“ im Telegrammstil Himmel: Mephistopheles wettet mit Gott, er könne ihm den Faust abspenstig machen – Gott willigt ein. Erde: Faust ist verzweifelt, seine Studien haben ihm nur äußerliches Wissen vermittelt – Er will Selbstmord begehen, nur der Osterglockenklang hindert ihn, das Gift zu trinken – Mephistopheles schleicht sich in Gestalt eines Pudels in Fausts Studierzimmer – Faust schließt mit ihm eine Wette: Kann der Teufel ihn zufriedenstellen, dann soll Fausts Seele ihm gehören – Mephisto führt Faust ins Wirtshaus, ohne Erfolg – Mephisto verjüngt Faust in der Hexenküche – Faust begegnet Gretchen auf der Straße – Wechselseitige Zuneigung – Das Zusammensein soll durch einen Schlaftrunk für Gretchens Mutter ermöglicht werden – Die Mutter stirbt am vergifteten Trunk – Gretchens Bruder Valentin wird von Faust mit Hilfe Mephistos erstochen – Gretchen tötet ihr von Faust empfangenes neugeborenes Kind – Faust will sie aus dem Gefängnis befreien – Gretchen weigert sich mitzukommen – Sie wird wegen ihrer Tat zwar bestraft, aber ihre Seele ist gerettet: „Mephistopheles: Sie ist gerichtet! – Stimme von oben: Ist gerettet!“ Der Ausgang der Wette zwischen Mephistopheles und Gott ist noch nicht entschieden. Das Drama geht weiter. „Faust II“ bringt die Entscheidung. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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