Literaturräume, Schulbuch

DIe „WeImarer klassIk“ (1786/1794–1805) unD Der „geIst Der goethezeIt“ (bIs 1832) Die Suche nach der Antike; Goethe und Schiller und Autoren in deren Schatten 1786 Goethes erste Italienreise. 1794 Beginn der Freundschaft zwischen Goethe und Schiller. 1805 Tod Schillers. 1832 Tod Goethes. 123 Das funDament Die Entwicklung des Begriffs „klassisch“ Von der politisch-militärischen zur literarisch-künstlerischen Bedeutung Die ursprüngliche Verwendung des Wortes „Klassik“ war auf politischmilitärisches Gebiet beschränkt. Ein „classicus“ war im antiken Rom jemand, der zur ersten (Steuer)klasse der Bürger gehörte und deshalb auch be­ sondere politische und militärische Beiträge, etwa zur Finanzierung von Heer und Flotte leistete. Im Sinne von „Erstklassigkeit“ wurde der Begriff dann auch für andere Bereiche übernommen. Der Politiker, Redner und Autor Cicero (106–43) übertrug den Begriff auf Autoren, die er schätzte und als „scriptores classici“ bezeichnete. Das Wort erscheint erst wieder im Humanismus. Als „klassisch“ werden dort vorbildliche künstlerische Werke be­ zeichnet. Für den Humanismus sind das die Werke der Antike. Diese Verbindung von vorbildhaft und antik ist bis ins 18. Jahrhundert gültig: Klassisch ist antik. Der Begriff „klassisch“ wird zeitlos Die Literaturwissenschaft bezeichnet die Begriffe „Klassik“ und „klassisch“ als „Rezeptionsbegriffe“ . In der litera­ rischen Wertung, der Rezeption, werden bestimmte Werke, Autoren oder Epochen als „erstrangig“, „muster­ gültig“, eben als „klassisch“ eingestuft. Mit dem Aufkommen nationaler Literaturströmungen im 18. und 19. Jahr­ hundert löst sich die Verbindung von Klassik und Antike. Auch die großen Leistungen anderer Kulturen werden im Rückblick als „klassisch“ bezeichnet; so in Italien die Dichtung von Dante und Tasso im 13. und 14. Jahrhun­ dert, das „Goldene Zeitalter“ der spanischen Literatur mit Cervantes und Calderón (16., 17. Jahrhundert), die Elisabethanische Zeit in England mit Shakespeare (16. Jahrhundert) oder das „Âge Classique“ der französischen Literatur mit Corneille, Racine, Molière, La Fontaine im 17. Jahrhundert. Neben der „Weimarer Klassik“ spricht die Wissenschaft auch von der „Staufischen Klassik“, der Blütezeit der mittelhochdeutschen Literatur von 1180 bis 1220. Die Weimarer Klassik und die Literaturgeschichte Goethe und Schiller haben sich selbst nicht als Klassiker bezeichnet und die Begriffe „klassisch“ und „Klassik“ in ihren Schriften überdies selten gebraucht. An einer der wenigen Stellen, wo Goethe den Begriff verwendet, dient er ihm als Abgrenzung zur romantischen Literatur. Aber auch da gebraucht Goethe den Begriff nicht für sich, sondern definiert ihn als überzeitlich: „Das Klassische bezeichne ich das Gesunde und das Romantische das Kranke. Und da sind die Nibelungen klassisch wie der Homer […].“ Für Goethe und Schiller, im öffentlichen Bewusstsein die „Klassiker“ schlechthin, wurde der Begriff erst nach Goethes Tod verwendet. Ihre Werke wurden als Höhe­ punkte der deutschen Kultur verstanden. Goethe und Schiller wurden in den Literaturgeschichten des 19. Jahr­ hunderts zu Leitbildern einer nationalen deutschen Identität gemacht und auch dazu „benutzt“, als Wegweiser zur politischen Einheit Deutschlands zu dienen. Der „Weimarer Klassik“ wurde dabei ihr universaler Charakter genommen, sie wurde, freilich nicht zum letzten Mal, auf das Nationale verengt. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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