Literaturräume, Schulbuch

Symbolfigur Prometheus Das „Originalgenie“ oder „Kraftgenie“, das die Autoren werden wollen, schafft sich seine Regeln selbst. Prome­ theus, der nach griechischer Überlieferung den Menschen ohne Zutun der Götter aus Lehm geschaffen, ihm das Feuer geschenkt, gegen die Götter rebelliert hat und zur Strafe von ihnen an einem Felsen angeschmiedet wurde, wird zur Symbolgestalt der „Stürmer und Dränger“. Goethe widmet ihm 1774 eine seiner Hymnen. Prometheus begehrt gegen die Götter auf. Sie sind grausam, erbarmungslos, nur um ihre Macht besorgt. Die Betonung der Freundschaft Im Herbst 1772 gründen Studenten der Göttinger Universität eine literarische Gruppe, die sie „Göttinger Hain“ nennen. Diese Gruppe wird besonders für die Lyrik des Sturm und Drang wichtig. Antirationalismus, Anti-Gott­ schedismus, schwärmerische Naturliebe und Verehrung Shakespeares prägen auch diese Gruppe. In der be­ tonten engen Freundschaft suchen die Mitglieder auch ganz bewusst eine Abgrenzung zur traditionellen Familie und zur gesellschaftlichen Hierarchie. Zum Göttinger Hain gehören unter anderen Johann Heinrich Voß (1751–1826) und Ludwig Hölty (1748–76). Gottfried August Bürger (1747–94) und Friedrich Daniel Schubart (1739–91) standen dem Kreis nahe. Die Lyrik: Erlebnislyrik, Balladen und Fürstenkritik Erlebnislyrik Ausdruck von Erlebtem, von Empfindungen und Leidenschaft sind charakteristische Elemente der Lyrik des Sturm und Drang. Großen Einfluss auf diese „Erlebnislyrik“ haben die Gedichte des Schotten James McPherson, der seine eigenen Dichtungen unter dem Namen des sagenhaften keltischen Dichters Ossian herausgab, eine Fälschung, die den Zeitgenossen nicht bewusst war. Großes Vorbild ist auch Friedrich Gottlieb Klopstock (1724–1803). Er hatte in seinem Epos „Der Messias“, begonnen 1748, in seinen theoretischen Schriften und Ge­ dichten sich gegen starre Regeln gewandt und Gefühl, Begeisterung und Subjektivität gefeiert. Die ersten Sportgedichte der deutschen Literatur Die Begeisterung für die Natur führte auch zur Freude an der Bewegung im Freien. Klopstock macht das Eislaufen populär, das bislang als „unschicklich“ galt, und feiert es in den ersten Sportgedichten der deutschen Literatur. Eislaufen wird ein Symbol des Protests gegen gesellschaftliche Zwänge. Klopstock verfasst vier Eislaufoden, wer ihn im Winter besuchte, musste mit auf einen Teich. In „Dichtung und Wahrheit“ berichtet Goethe von einer Begegnung mit Klopstock. Der wollte weniger über die Poesie als über die Vorteile einer bestimmten Schlitt­ schuhart reden. Die Freude am Eislaufen und die Warnung vor dem Einbrechen im Eis machen die Spannung des folgenden Gedichtes aus. 103 die literaturübersicht Friedrich Gottlieb Klopstock: Der Eislauf O Jüngling, […] Lass der Stadt ihren Kamin! Komm mit mir […]! Wie erhellt des Winters werdender Tag Sanft den See! Glänzenden Reif, Sternen gleich, Streute die Nacht über ihn aus. Wie schweigt um uns das weiße Gefild! Wie ertönt vom jungen Froste die Bahn! […] Zur Linken wende du dich, ich will Zu der Rechten hin halbkreisend mich drehn; Nimm den Schwung, wie du mich ihn nehmen siehst: Also! nun flieg schnell mir vorbei! So gehen wir den schlängelnden Gang An dem langen Ufer schwebend hinab. […] Zurück! lass nicht die schimmernde Bahn Dich verführen, weg vom Ufer zu gehn! Denn, wo dort Tiefen sie deckt, strömts vielleicht, Sprudeln vielleicht Quellen empor. Den ungehörten Wogen entströmt, Dem geheimen Quell entrieselt der Tod. Glittst du auch leicht, wie dies Laub, ach, dorthin, Sinkest du doch, Jüngling, und stirbst! Beispiele für die von Klopstock beeinflusste Erlebnislyrik sind die Gedichte Johann Wolfgang Goethes aus der Straßburger Zeit, insbesondere die so genannten „Sesenheimer Lieder“ wie „Willkommen und Abschied“ (1) . 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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