Killinger Literaturkunde, Schulbuch

62 Eine weit verbreitete Gedichtform in der Barockzeit war das Sonett (lat. sonare = klingen). Es besteht aus vierzehn jambischen Versen mit vier, fünf oder sechs Hebungen. Auf zwei Quartette (Vierzeiler) folgen zwei Terzette (Dreizeiler). Auch die Reimfolge ist vorgegeben. Das italienische Sonett (im 14. Jahrhundert von Petrarca entwickelt) weist folgende Reimanordnung auf: abba abba cdc dcd. Die englischen (Shakespeare) und die deutschen Sonette variieren diese Reimanordnung auf verschie- dene Weise. Das Sonett stellt eine der strengsten Gedichtformen dar, denn es sind Strophenbau, Versform, Sil- benzahl und Reim vorgeschrieben. Diese Form stellt hohe Anforderungen an die sprachliche Virtu- osität der Autorin oder des Autors. Für die Barocklyrik sind besondere sprachliche Effekte und Stilmittel typisch. Die Übertreibung dieser Technik nennt man Manierismus (Schwulst). Übersicht über häufig verwendete Stilmittel Antithese: Gegenüberstellung entgegengesetzter Begriffe aus dem gleichen Bereich: kalt – warm, alt – jung, Freud – Leid Ellipse: Auslassung von Satzteilen: Ohne Fleiß kein Preis Häufung : Anhäufung von Ausdrücken ähnlichen Inhalts: Alles rennet, rettet, flüchtet, ... (Schil- ler: Die Glocke ) Hyperbel: Übertreibung: wie Sand am Meer Metapher: bildliche Übertragung (Vergleich ohne Vergleichswort): Du bist die Rose aus dem Gemeindebau. Onomatopöie: Klangmalerei, lautliche Nachahmung von Gehöreindrücken: Kikeriki Periphrase: Umschreibung eines Begriffs durch eine kennzeichnende Eigenschaft: Götter in Weiß Personifikation: Einem unpersönlichen Begriff werden persönliche Eigenschaften zugeordnet: Die Sonne lacht. Rhetorische Fragen (Scheinfrage): Diese Frage dient zur Weiterführung einer Argumentation; es wird keine Antwort erwartet: Was lernen wir daraus? Synekdoche: das Ersetzen eines Begriffs durch einen engeren oder weiteren: Moskau für rus- sische Regierung Vergleich: bildhafter Hinweis auf einen anderen Bereich (mit Vergleichswort): finster wie die Nacht Wiederholung: Mehrfachnennung des gleichen Ausdrucks: er rennt und rennt und rennt Der protestantische Dichter Andreas Gryphius (1616 – 1664) wurde von der Not der Zeit und den Wirren des Krieges geprägt. In seiner Lyrik kehrt das barocke Vanitas-Motiv häufig wieder. 2 Andreas Gryphius Tränen des Vaterlandes Anno 1636 Wir sind doch nunmehr ganz, ja mehr denn ganz verheeret! Der frechen Völker 1 Schar, die rasende Posaun, 1 Völker = Kriegsvölker, Soldaten Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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