Killinger Literaturkunde, Schulbuch

61 • Schlagen Sie alternative Erzählformen vor. • Stellen Sie Hypothesen darüber auf, warum sich Grimmelshausen wohl für eine Ich-Erzähl- figur entschieden hat. • Erläutern Sie, wie sich diese Ich-Erzählfigur zur Leserin bzw. zum Leser verhält. Neben dem Schelmenroman gibt es im Barock noch andere Arten von Romanen. Der Schäferroman spielt in einer idealisierten Landschaft mit sanften Hügeln, grünen Wiesen und Schatten spenden- den Baumgruppen; darüber wölbt sich ein immer heiterer Frühlingshimmel. Die Menschen leben als Schäfer und Schäferin in ewiger Jugend. Sie haben keine wirklichen Sorgen und Nöte, keine „niedrigen“ Bedürfnisse. Krieg, Gefahr, Elend, Krankheit und Tod sind ausgeklammert. Das Leben ist ein Spiel zwischen Schä- fer und Schäferin. Sie geben sich ganz ihren Gefühlsregungen hin, die von Liebe und Freundschaft entfacht werden: Glückseligkeit, Sehnsucht, Einsamkeit. Die Liebenden belauschen ihr Herz und zergliedern ihre seelischen Empfindungen. In Form der Idylle behält dieses Traumland eines paradie- sischen Glückszustandes seine Anziehungskraft bis in die Zeit des jungen Goethe. 7. Kommentieren Sie, inwiefern Literatur die Bedürfnisse der Zeit widerspiegelt: • Erklären Sie, welche Funktion dieser Romantyp im Leben der Leser/innen des 17. Jahrhun- derts hatte. • Stellen Sie die Schäferromane heutigen Arten von Romanen gegenüber. BARockLyRIk D ie Lyrik der Barockzeit umfasst hauptsächlich höfisch galante Texte, Schäferpoesie, Lob- und Preis- lieder auf Fürsten und Dichtungen aus Anlass höfischer Feiern. Dabei überwiegen rhetorische Über- treibung, bildhafte Sprache und komplizierte Formen. Das vorherrschende Versmaß im 17. und in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts war der Alexand- riner, ein Vers mit sechs jambischen Takten (benannt nach dem Versmaß eines altfranzösischen Epos über Alexander den Großen). x x´ / x x´ / x x´ //x x´ / x x´ / x x´ /(x) Der Alexandriner ist ein Langvers, der häufig einen Einschnitt nach der dritten Hebung aufweist (= Zäsur //). Die beiden Vershälften fordern eine syntaktische 1 Gliederung und inhaltliche Gegen- überstellung (Antithese) förmlich heraus. In dem Gedicht Es ist alles eitel von Andreas Gryphius heißt es z. B.: Was dieser heute baut, // reißt jener morgen ein, Wo itzund Städte stehn, // wird eine Wiese sein [...] Erst Lessing und die Klassiker, die sich an Shakespeare orientierten, verwendeten anstelle des Ale- xandriners den jambischen Fünfheber. Ihm fehlt, schon wegen der ungeraden Zahl der Hebungen, der Mitteleinschnitt; er wirkt dadurch fließender. Illusionistischer Schäferroman Jambischer Sechsheber 1 Syntax: Satzgrammatik v6bq8i DAS BAROCK | 17. JAHRHUNDERT Nur zu Prüfzwecken – Eigentum es Verlags öbv

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