Killinger Literaturkunde, Schulbuch

45 Merkmale von Luthers Übersetzungstechnik: • Er betrachtete einerseits den Text nach grammatischen Kriterien, andererseits versuchte er, die Bedeutung einer Textstelle aus dem Kontext zu erschließen. • Er suchte nach der besten Entsprechung der Bedeutung in der deutschen Sprache, wobei er bemüht war, eine klare und einfache Formulierung zu finden, die auch Ungebildete verstehen konnten. • Er verwendete als Grundlage seiner Übersetzung das Ost-Mitteldeutsche. Allerdings benützte er auch Ausdrücke aus dem Ober- und Niederdeutschen, wenn ihm diese Ausdrücke klarer vorkamen und wenn sie besser klangen. • Er schuf dabei eine Reihe von neuen, zusammengesetzten Wörtern (z. B. Gotteshaus für Kirche, Sündenbock, Gewissensbiss) und prägte sprachliche Wendungen, die bis heute in Gebrauch sind (z. B. Sand am Meer, Dorn im Auge, verlorener Sohn). Das Kirchenlied, dessen Anfänge bis ins 9. Jahrhundert zurückgehen, erhält durch Martin Luther eine wichtige Funktion im Dienst der Reformation: Es wird zum Träger des neuen Glaubensgutes. Die Gemeinde soll durch den gemeinsamen Gesang zu einer Glaubensgemeinschaft werden. Luther hat eine Reihe von Kirchenliedern geschaffen, in denen sich die Bildkraft seiner Sprache zeigt und die bis heute gesungen werden, zum Beispiel: 2 4 Ein feste Burg ist unser Gott, Ein gute Wehr und Waffen, Er hilft uns frei aus aller Not, Die uns jetzt hat betroffen. Die weite Verbreitung der Werke Luthers förderte die Entwicklung einer überregionalen deutschen Standardsprache ganz wesentlich. Der Erfolg der lutherischen Schriften war jedoch nur durch die Ent- wicklung des Buchdrucks mit beweglichen Metalllettern durch Johannes Gutenberg (1400 – 1468) möglich. Luthers Überset- zungstechnik Entwicklung der Gemeinsprache Druckerei um 1570: Der Kupferstich zeigt links die Setzer vor ihren Setzkästen, in denen die Buchstaben geordnet aufbewahrt sind, im Hintergrund das Einfär- ben der Druckplatte, rechts die Druckerpresse. 5mf23b RENAISSANCE, HUMANISMUS, REFORMATION | 1450 – 1600 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=