Killinger Literaturkunde, Schulbuch

415 Eine betonte Silbe wird Hebung, eine unbetonte Silbe wird Senkung genannt. Eine Hebung und eine oder zwei Senkungen bilden einen Verstakt. Hebung und Senkung können unterschiedlich angeordnet sein: Beispiel 1. Senkung – Hebung ( ´ ) = Jambus (Mz. Jamben) Gestalt 2. Hebung – Senkung ( ´ ) = Trochäus (Mz. Trochäen) Schatten 3. Senkung – Senkung – Hebung ( ´ ) = Anapäst (Mz. Anapäste) übersetzt 4. Hebung – Senkung – Senkung ( ´ ) = Daktylus (Mz. Daktylen) Sonnenschein Endet ein Vers mit einer unbetonten Silbe, spricht man von einem klingenden Vers (auch: weiblicher Vers), bei betontem Ende von einem stumpfen Vers (auch: männlicher Vers). Beispiele Sechshebiger jambischer Vers (Alexandriner): ´ / ´ / ´ / ´ / ´ / ´ / klingender Vers Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden . (Gryphius) Fünfhebiger jambischer Vers (reimlos = Blankvers): ´ / ´ / ´ / ´ / ´ / klingender Vers Das Land der Griechen mit der Seele suchend. Mit königlichen Gütern segne dich Die Göttin! Sie gewähre Sieg und Ruhm. (Goethe) stumpfer Vers Vierhebiger jambischer Vers: ´ / ´ / ´ / ´ stumpfer Vers Der tiefe Brunnen weiß es wohl. (Hofmannsthal) Vier- und dreihebiger trochäischer Vers: ´ / ´ / ´ / ´ Füllest wieder Busch und Tal ´ / ´ / ´ Still mit Nebelglanz. (Goethe) Vierhebiger daktylischer Vers: ´ / ´ / ´ / ´ Leih mir noch einmal die leichte Sandale; ´ / ´ / ´ / ´ Reich mir die volle, die funkelnde Schale [...] (Dehmel) Das Schema eines Verses nennt man Versmaß (Metrum). Bei gebundener Sprache erwartet man eine besondere, annähernd gleichmäßige Sprachbewegung. Dieser Rhythmus wird von der Abfolge betonter und unbetonter Silben (Betonung), vom Sprechtem- po und den Pausen geprägt. Die moderne Lyrik verzichtet manchmal auf besondere rhythmische Gliederung der Sprache. Beibehalten wird jedoch das Schriftbild, die Brechung in Zeilen. Sprachbewegung t5xs89 ALLGEMEINE MERKMALE VON TEXTEN Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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