Killinger Literaturkunde, Schulbuch

372 20 25 verkäuferin, meist hausfrau, tochter steigt ein, mutter kratzt ab, tochter wird geheiratet, steigt aus, springt ab vom trittbrett, kriegt selber die nächste tochter, der konsumladen ist die drehscheibe des natürlichen kreislaufs der natur, in seinem obst und gemüse spiegeln sich die jahreszeiten, spiegelt sich das menschl. leben in seinen vielen ausdrucksformen, in seiner einzigen auslagenscheibe spiegeln sich die aufmerksamen gesichter seiner verkäufe- rinnen, die hier zusammengekommen sind, um auf die heirat und das leben zu warten. die heirat kommt aber immer allein, ohne das leben. 59. Analysieren Sie die gesellschaftlichen Rollen der Männer und Frauen, wie sie in diesem Abschnitt dargestellt werden: • Erläutern Sie, welche Perspektiven das Leben auf dem Land bietet. • Stellen Sie die Grenzen der persönlichen Entwicklung dar und diskutieren Sie, wie weit der Einzelne seinen Lebensentwurf umsetzen kann. • Untersuchen Sie auch die sprachliche Umsetzung der Inhalte in diesem Abschnitt. Der Durchbruch gelang Elfriede Jelinek 1983 mit dem Roman Die Klavierspielerin , in dem sie Au- tobiographisches verarbeitet. Jelinek hat den Roman auch als Drehbuch gestaltet, Regisseur des gleichnamigen, berühmt gewordenen Films war Michael Haneke. Ungewöhnliche Interviews und Essays sorgen seither regelmäßig für Irritation. Die Medien zeichnen von ihr ein Bild der provozie- renden, tabubrechenden radikalen Feministin. Sie selbst sagt über ihre Arbeitsweise: 1 5 Eine literarische Technik, die ich verwende, ist die Montage. Ich erziele in einem Stück verschiedene Sprachebenen, indem ich meinen Figuren Aussagen in den Mund lege, die es schon gibt. Ich bemühe mich nicht um abgerundete Menschen mit Fehlern und Schwächen, sondern um Polemik, starke Kontraste, harte Farben, Schwarz-Weiß-Malerei, eine Art Holz- schnitttechnik. Ich schlage sozusagen mit der Axt drein, damit kein Gras mehr wächst, wo meine Figuren hingetreten sind. Elfriede Jelinek erhielt 2004 den Nobelpreis für Literatur auf Grund ihrer eingehenden und tiefschür- fenden Sprache, was für die literarische Welt eine Sensation war. Die Menschen haben die Buch- handlungen gestürmt, in kürzester Zeit waren alle ihre Titel vergriffen. Die Salzburger Nachrichten schrieben am 8. Oktober 2004: 1 5 Es ist ein Preis für eine Ikone der Provokation. Personen, die sich mit ihrer Kunst so unbarmherzig zu Wort melden wie Jelinek – und ebenso unbarmherzigen Widerspruch aushalten müssen –, sind selten geworden. Längst lebt auch die Kunstszene in Zeiten fort- schreitenden Verfalls hin zu belangloser, leicht verkäuŸicher Unterhaltung. Es ist gut, dass es Standhafte gibt, die sich, wie Jelinek, in bedingungsloser Opposition üben. Noch besser ist es, dass das nicht einfach hingenommen oder gar ignoriert wird, sondern sich mit jedem neuen Text Widerstand regt. Dieser Nobelpreis kann verstanden werden als Ansporn zur Verbesserung der Diskussionskultur, bei der es auf beiden Seiten – bei Künstlern und Politi- kern, denen es um Österreich geht – einen enormen Aufholbedarf gibt. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des V rlags öbv

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