Killinger Literaturkunde, Schulbuch

36 Brentano, Lore Lay , Romanzen vom Rosenkranz ; Joseph von Eichendorff, Die zwei Gesellen ; Hein- rich Heine, Atta Troll (parodistisch). Die Wertschätzung der Romantiker für das Volkstümliche und damit Ursprüngliche zeigte sich in der Volksliedersammlung Des Knaben Wunderhorn von Achim von Arnim und Clemens Brentano (vgl. Seite 172), in der sich fast alle erhaltenen Volksballaden finden. Bedeutende Balladendichter/innen des 19. Jahrhunderts waren Annette von Droste-Hülshoff, Theo- dor Fontane und Conrad Ferdinand Meyer (1825 bis 1898). Dieser verfasste viele Balladen mit his- torischer Thematik, darunter auch eine über die Verfolgung der Hugenotten in Frankreich. Hintergrund Fragen des Glaubens beschäftigten die Menschen des 16. Jahrhunderts sehr stark. Die von Deutschland ausgehende reformatorische Bewegung erfasste auch die Schweiz und Frankreich. Die französischen Protestanten, Hugenotten genannt, schlossen sich ab der Mitte des 16. Jahrhunderts auf der Grundlage des calvinischen Glaubensbekenntnisses zusammen (Johann Calvin, französischer Reformator, gestorben 1564 in Genf). Die Hugenotten zeichneten sich durch ein einfaches Leben, einen star- ken, verinnerlichten Glauben und eine große Leidensbereitschaft aus. Sie wurden von den katholischen Königen immer wieder grausam verfolgt. Höhepunkt war die Bartholomäusnacht des Jahres 1572, in der die Führer der Hugenotten und Tausende ihrer Anhänger ermordet wurden. 1598 wurde den Hugenotten im Edikt von Nantes die freie Ausübung ihrer Religion innerhalb gewisser Vorschriften gewährt. Ludwig XIV. hob jedoch 1685 dieses Edikt auf. Die Hugenotten wurden wieder verfolgt und enteignet. Mehrere hunderttausend Menschen, und zwar die beson- ders tüchtigen und charakterfesten, wanderten in die protestantischen Länder Europas aus. 2 4 6 8 10 12 14 Conrad Ferdinand Meyer Die Füße im Feuer Wild zuckt der Blitz. In fahlem Lichte steht ein Turm. Der Donner rollt. Ein Reiter kämpft mit seinem Ross, Springt ab und pocht ans Tor und lärmt. Sein Mantel saust Im Wind. Er hält den scheuen Fuchs am Zügel fest. Ein schmales Gitterfenster schimmert goldenhell, Und knarrend öffnet jetzt das Tor ein Edelmann ... „Ich bin ein Knecht des Königs, als Kurier geschickt Nach Nîmes. Herbergt mich! Ihr kennt des Königs Rock!“ „Es stürmt. Mein Gast bist du. Dein Kleid, was kümmert’s mich? Tritt ein und wärme dich! Ich sorge für dein Tier!“ Der Reiter tritt in einen dunklen Ahnensaal, Von eines weiten Herdes Feuer schwach erhellt, Und je nach seines Flackerns launenhaftem Licht Droht hier ein Hugenott im Harnisch, dort ein Weib, Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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