Killinger Literaturkunde, Schulbuch

295 20 25 denn auch den Wallau erwischten. Wir kannten ihn kaum. Er war nur nach seiner Einlie- ferung ein paar Stunden bei uns gewesen, dann war er gleich wieder zum Verhör gebracht worden. Wir hatten ihn zwei- oder dreimal nach solchen Verhören gesehen, ein wenig taumelnd, eine Hand gegen den Bauch gepreßt, mit der anderen Hand machte er zu uns hin eine winzige Bewegung, als wollte er ausdrücken, daß das alles nichts Endgültiges zu be- deuten hätte und daß wir uns trösten sollten. Wie dieser Wallau jetzt auch eingefangen war und zurückgebracht wurde, da weinten manche wie Kinder. Wir wären jetzt alle verloren, dachten wir: Man würde den Wallau jetzt auch ermorden, wie man alle ermordet hatte. ... 18. Fassen Sie die Geschehnisse bei der Einlieferung Wallaus in Ihren eigenen Worten zusammen und kommentieren Sie den Textausschnitt: • Untersuchen Sie die Machtverschiebungen zwischen den verschiedenen Gruppen, die in diesem Abschnitt eine Rolle spielen. • Zeigen Sie auf, inwieweit dieser Text schon die heute bekannten Geschehnisse der Nazizeit vorwegnimmt. In Deutschland verbliebene Schriftsteller/innen wie Stefan Andres (1906 – 1970), Gottfried Benn (1886 – 1956), Reinhold Schneider (1903 – 1958), Werner Bergengruen (1892 – 1964) und Erich Kästner (1899 – 1974) zogen sich aus der Öffentlichkeit in die innere Emigration zurück, um so dem Druck des Propagandaministeriums standzuhalten. Andere sympathisierten offen mit dem Regime. Als Folge der restriktiven Kulturpolitik wurden viele wichtige Werke der Weltliteratur im Einflussbe- reich der Nationalsozialisten nicht rezipiert. Erst nach dem Krieg war eine Auseinandersetzung mit den internationalen literarischen Strömungen möglich. Textproduktion: Interpretation Thema: Der Mensch in der Großstadt Aufgabe: Verfassen Sie eine Interpretation. Situation: Sie sind Redakteur/in einer Lyrik-Homepage und schreiben eine Interpretation des folgenden Textes für die Leser/innen Ihrer Seite. 2 4 6 8 Kurt Tucholsky Augen in der Großstadt (1930) Wenn du zur Arbeit gehst am frühen Morgen, wenn du am Bahnhof stehst mit deinen Sorgen: da zeigt die Stadt dir asphaltglatt im Menschentrichter Millionen Gesichter: Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick, „Innere Emigration“ und Kooperation mit dem Regime 3t4c35 DIE ZEIT ZWISCHEN DEN KRIEGEN – NEUE SACHLICHKEIT | 1920 – 1945 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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